6. Schweiz.
5. Jan. (Zug). Die Erneuerungswahlen des Gr. Raths fallen überwiegend im
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Sinne der liberalen Partei aus.
Eröffnung der Wintersitzung der Bundesversammlung.
Eröffnungsrede des Ständerathspräsidenten Herrmann (v. Obwalden).
„. . . Wir dürfen wohl mit Zuversicht erwarten, es werde dem Bundes-
rathe gelingen, ohne unsere gerechten Ansprüche im mindesten preiszugeben,
unserm Recht volle und bleibende Anerkennung zu verschaffen. Doch sicher-
lich ein weit größeres Unheil als solche Konflikte mit dem Auslande, die
auch in der Zukunft kaum ausbleiben werden, an sich es sind, wäre es für
unser Vaterland, wenn dieselben den Grund eines Zerwürfnisses unter den
Bürgern des eigenen Landes bieten würden. Mögen wir auch über die Art
und Weise, wie solche Anstände ihre Erledigung finden sollen, abweichender
Meinung sein; mögen die einen ein entschicdenes Vorgehen, die andern
kluge Mäßigung für das geeignete Mittel halten, unsere Ehre und nationale
Selbstständigkeit zu wahren, so haben weder die Verfechter der einen noch
der andern Ansicht ein Recht, die Vertreter der andern Anschauung des
Mangels an Patriotismus oder gar der Sympathie mit dem Ausland an-
zuklagen. Jeder Schweizer ist dem andern die Ueberzeugung schuldig, daß
auch ihm des Vaterlandes Wohl über Alles gehe, dem er sein Höchstes und
Bestes freudig zu opfern fähig sei. Wer aber in dem stolzen Wahn steht,
nur er und seine Gesinnungsgenossen besitzen die ächte Vaterlandsliebe und
die richtige Einsicht in dasjenige, was ihm noth thut, der dürfte vielleicht
im entscheidenden Moment an Opferwilligkeit und persönlichem Muth
Manchem nachstehen, dessen Bürgertugenden er früher mißtraute. Daher
sei die gegenseitige Achtung der Ueberzeugung unser erstes Bestreben, indem
nur sie jene Eintracht unter den Bürgern eines Landes zu begründen und
zu unterhalten vermag, die in den Tagen der Gefahr stark und unüber-
windlich macht .“
Creffnungerede des Nationalrathspräs,. Karrer (von Bern).
„.. Wenn auch unsere Zustände im Vergleich mit andern Ländern be-
friedigend sein mögen, so wäre es dennoch unklug, in unserer Wachsamkeit
lässig zu werden. Die vergangenen und namentlich die zwei letzten Jahre
haben uns gelehrt weder auf bestehende Verträge noch auf ein gegebenes
Wort unbedingt zu bauen, der einzige Hort für uns ist das Vertrauen auf
die eigene Kraft und ein strenges Festhalten an unserm Recht. „„Muth für
alte Rechte kommt allen Völkern zu, ihre Maßregeln zu nehmen zur rechten
Zeit nur den verständigen; wer bis auf die Noth wartet, von dem geschieht
alles leidenschaftlich, übereilt, übertrieben,““ sagt unser Geschichtschreiber
Müller. Wir haben bei unsern Beschlüssen in der Sommersitzung in diesem
Sinn gehandelt, fahren wir fort in diesem Sinn zu handeln und wir
werden der Zukunft und # Uren Prüfungen mit Ruhe, Festigkeit und Zu-
versicht entgegensehen.