Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Schweiz. 303 
dem Bundesrath vorgeworfen, die Insolenzen der italienischen Presse und 
die Expectorationen Bixio's im ital. Parlament über eine Annexion 
Tessins allzulau hingenommen zu haben. Von Seite des Bundesraths 
wird erwidert, derartige italienische Expectorationen brauchten nicht zu be- 
unruhigen, da die ital. Regierung solche Ideen nicht theile. 
24. Juli. Der Bundesrath wird im Nationalrath über die vom Minister des Aus- 
wärtigen Durando im ital. Parlament am 20. d. M. bezüglich einer mög- 
lichen Annexion Tessins geäußerte Ansicht interpellirt, und ein Antrag 
auf energische Wahrung der vaterländischen Interessen in Aussicht gestellt. 
Der Nat.-Rath gibt seine Beistimmung dadurch zu erkennen, daß er sich 
insgesammt zur Unterstützung der Interpellation erhebt. Im Ständerath 
wird eine ähnliche Interpellation gestellt. 
25. „ Bericht des Bundesrathes über die Rede Durando's im ital. Parlament. 
Der Nat.-Rath beschließt nach lebhafter Debatte einstimmig „nach An- 
hörung der Interpellation Hungerbühler und der darauf bezüglichen Antwort 
des Bundesrathes, zur Tagesordnung überzugehen im vollen Vertrauen auf 
die Wachsamkeit des Bundesrathes, daß er jedem directen oder indirecten 
Versuch einer Verletzung des schweizerischen Gebietes, wo es auch sei, mit 
allen möglichen Mitteln entgegentreten werde.“" 
26. „ Schluß der Session der Bundesversammlung. In den Schlußreden 
heben die Präsidenten beider Räthe mit Nachdruck hervor, daß, wenn die 
Integrität des Schweizergebiets in Frage gestellt werden sollte, die ganze 
Eidgenossenschaft mit Gut und Blut dafür einstehen werde. 
„ „ (Tessin). In Folge Aufforderung des Stadtraths von Lugano „man 
müsse ein für alle Mal wissen, in Bern wie in Turin, wozu der Kanton 
entschlossen sei“ wird eine Adresse gegen die italienischen Annexionsgelüste 
mit zahlreichen Unterschriften an den Bundesrath gerichtet: 
„Das Tessiner Volk ist ein souveränes und republikanisches Volk; der 
Kanton Tessin ist ein unabhängiger Staat und unauflöslich mit der 
schweizerischen Eidgenossenschaft verbunden. Es fühlt zu sehr den Werth 
der eigenen Freiheit und Selbstbestimmung, des Rechts, mit der Schweiz 
verbunden zu sein, um sich je bewegen zu lassen, darauf in irgend einem 
Fall oder unter irgend welchen Umständen Verzicht zu leisten; vielmehr er- 
klärt es feierlich: 1) daß es immer und unter allen Umständen aufstehen 
werde wie Ein Mann, um mit Gut und Blut seine heiligen in der Ge- 
schichte begründeten, durch völkerrechtliche Verträge und durch die eidgenös- 
sische Verfassung garantirten Rechte zu vertheidigen; 2) daß gleichwie es sich 
immer in jeder Prüfung als treuer und aufrichtiger Eidgenosse bewährte 
und bewähren wird, es auch die Zuversicht hat, nie von der Eidgenossen- 
schaft verlassen zu werden. Indem die Unterzeichneten ihren Willen aus- 
sprechen, um jeden Preis freie Tessiner und treue schweizerische Eidgenossen 
zu bleiben, erwarten sie gegenüber dieser feierlichen und freiwilligen Er- 
klärung von der Bundesbehörde ein Wort der Ermuthigung.“ 
27. „ (Aargau). Das Larg. Volk beschließt in Folge einer Agitation der 
kath. Partei mit überwiegender Mehrheit die Abberufung des Gr. Rathes. 
28. „ (Tessin). Die Regierung übersendet dem Bundesrath den Protest der 
Tessiner gegen jeden Gedanken einer Lostrennung von der Eidgenossenschaft. 
Der Bundesrath dankt mit der Zusicherung, Tessin könne auf die Unter- 
stützung der gesammten Eidgenossenschaft rechnen. 
„ „ Der Ministerpräsident Rattazzi erklärt im italienischen Parlament zur Be- 
ruhigung der Schweiz „daß Italien die Integrität der Schweiz respectiren 
und deren Macht begünstigen wolle, und daß die Eventualitäten, von denen 
Durando gesprochen, den Wünschen der italienischen Negierung 
zuwiderlaufen.“
	        
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