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sieht, daß ihm die allmälige Befreiung von aller Zwangsarbeit eröffnet ist,
aber es sieht sich von der anderen Seite dazu verdammt, ewig eben den
Grundbesitzern tributpflichtig zu bleiben, die unter dem Namen Friedens-
richter immer noch die Entscheidung über seine Geschicke in ihren Händen
behalten. Wir gestehen, daß auch wir eine solche Situation nicht begreifen.
Weit entfernt, in der obligatorischen Aneignung eines Theiles unserer Grund-
stücke von Seiten der Bauern eine Verletzung unserer Rechte zu erblicken,
erkennen wir im Gegentheil dieselbe als das einzige und beste Mittel an,
sowohl den Frieden des Landes, wie unsere eigenen Interessen zu wahren.
Wir bitten, diese rettende Maßregel unverzüglich zur Ausführung zu brin-
gen, ohne aber ihre ganze Last auf die Klasse der Bauern fallen. zu lassen.
Bis jetzt ist der Adel auf Grund seiner Privilegien von allem Antheil an
der Deckung der wichtigsten Forderungen der Gesellschaft befreit gewesen.
Von nun ab aber betrachten wir es als eine Blutschuld, zu leben und der
socialen Vortheile zu genießen auf Kosten der großen Mehrzahl der Nation.
Wir wollen von einem so schimpflichen Privilegium nichts wissen und leh-
nen die Verantwortlichkeit für die weitere Eristenz desselben ab, indem wir
um die Erlaubniß bitten, zu den Steuern und den übrigen Anforderungen
des Staates beitragen zu dürfen nach Verhältniß des Besitzthums eines Je-
den. Außer dieser ungerechten Exemption genießen wir noch das ausschließ-
liche Privilegium, dem Lande Verwalter und Richter zu geben. Die Aus-
schließlichkeit dieses Rechtes scheint uns gegenwärtig empörend und verwerf-
lich, und wir begehren, daß es fürderhin auf das ganze Volk ausgedehnt
werde. Wir sind überzeugt, daß Sie aufrichtig das Wohl Rußland's
wünschen, aber anstatt der vollen Freiheit, die Sie dem Volke versprochen,
haben Ihre Minister und Räthe einen unbestimmbaren Uebergangszustand
ersonnen, der weder Freiheit noch Sclaverei, und den Grundbesitzern wie
dem Volke gleich unerträglich ist. Diese stellen sich jetzt als die Vertheidiger
der Adelsprivilegien hin, welche wir, die wir doch direct betheiligt sind, mit
aller Kraft zurückweisen und gänzlich und unmittelbar abgeschafft wissen
wollen. Beweist nicht dieser absolute Gegensatz auf's schlagendste die Un-
möglichkeit, daß die nöthitz gewordenen großen Reformen sich auf admini-
strativem und bureaukratischem Wege durchführen lassen? Wir sind, über-
zeugt, daß die unternommenen Reformen ohne Erfolg bleiben, weil sie ohne
Befragung des Willens des Volkes unternommen sind. Die Berufung von
Deputirten aus dem ganzen russischen Reiche ohne Unterschied der. Klassen
und Stände, ist nach uUnserer Ansicht der einzige Weg zur Lösung der durch
die Ukase vom 3. März gestellten aber nicht gelösten Frage."“
Eine Denkschrift der Versammlung beantwortet übereinstimmend
mit den in der Adresse niedergelegten Anschauungen die von der Regierung
den Adelsversammlungen vorgelegten Fragen: „ . Wenn der Kredit sich
wieder heben soll, so sind folgende Reformen unerläßlich: 1) Reform der
Finanzverwaltung, die in Zukunft von der Nation und nicht von der Will-
kür abhängen muß; 2) Unabhängigkeit der Tribunale und Oeffentlichkeit
er gerichtlichen Verhandlungen; 3) Oeffentlichkeit in allen Zweigen der Re-
Zierung und der Administration; 4) Abschaffung aller Privile 8 und die
vollständige Fusion aller Klassen, damit es in Rußland nur Ein V Il
gebe. Der Adel, überzeugt von der- Nothwendigkeit dieser Verschmel 5
und nicht gewillt, sich als Hinderniß des öffentlichen Wohles kl ng
lassen, erklärt feierlich, daß er für immer auf alle seine Privir anklagen zu
tet. 5) Um die von der Gewalt der Umstände gebote Ne orbdien. verzich-
wirklichen, muß man den Weg der gouverneme#akennen elormen zu ver-
Die freien Institutionen, welche das Mesurter biefer haerahregeln zue
konnen keine andere Quelle haben, als das Volk. Mithin erklä- ,
wem: . » als das Volk. dithin erklärt der Adel,
ssthsschs
- hoher Wichtigkeit zu lösen, und begnügt sich da-
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