Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Türkti. 335 
kürzesten Frist die daselbst befindlichen Montenegriner zurückzuberufen. 
5) Sich in Zukunft keine Angriffe mehr zu erlauben. Sie werden die Güte 
haben, Vorstehendes zur Kenntniß des Fürsten zu bringen, indem Sie ihm 
eine Copie dieser Depesche mittheilen. Ich habe zugleich die Ehre, Ihnen 
mitzutheilen, daß Eure Hoheit, wenn Sie in einer Frist von fünf Tagen, 
von der Mittheilung des Vorstehenden angefangen, keine Antwort erhalten, 
welche die vollständige Zustimmung des Fürsten enthält, durch kaiserlichen 
Befehl ermächtigt ist, alle Maßregeln zu ergreifen, welche Sie für noth- 
wendig halten, um einzig und allein die obenerwähnten Angriffe diesseits 
der gezogenen Grenzen zurückzuweisen und um die Ordnung und Sicherheit 
wieder herzustellen, ohne die Absicht, den status guo von Montenegro be- 
züglich seines administrativen und territorialen Besitzes zu verändern. 
23. April. (Montenegro). Ausweichende Antwort des Fürsten Nikita von 
Montenegro auf das Ultimatum der Pforte: 
Nachdem der Fürst sein Bedauern wegen der ihm zur Last gelegten That- 
sachen ausgedrückt hat, macht er zunächst darauf aufmerksam, „daß dieselben 
wohl eine Rechtfertigung zulassen und jedenfalls nur auf die einfache An- 
klage moralischer Mitwirkung hinauslaufen, denn von einer materiellen Mit- 
wirkung der montenegrinischen Regierung könne schon aus dem einfachen 
Grunde nicht die Rede sein, weil eine solche niemals stattgefunden habe.“ 
Der Fürst fährt dann weiter fort: „Noch hege ich die Hoffnung, die hohe 
Psorte werde, nachdem sie von den Erklärungen Kenntniß genommen, welche 
ich die Ehre habe, Eurer Hoheit zu unterbreiten, zu billigeren Gesinnungen 
zurückkehren und in ihrer hohen Weisheit geruhen, mir die unablässigen 
Anstrengungen in Rechnung zu bringen, die ich gemacht habe, um den gegen- 
wärtig sich entspinnenden Konflikt zu vermeiden.“ In Betreff des Vor- 
wurfes, durch geheime Umtriebe und öffentliche Anreizungen die Erfolg- 
losigkeit jener Proklamationen herbeigeführt zu haben, welche Omer Pascha 
in der Herzegowina veröffentlichte, bekenne Nikita ganz freimüthig, daß seine 
Sympatkhien stets auf Seite der Insurgenten gestanden, da ihn Alles dort- 
hin ziehe, da die Rajah der Herzegowina und Montenegro durch Glaubens-, 
Stamm= und Sprachengemeinsamkeit mit festen Banden an einander ge- 
knüpft seien. Sein Beistand aber habe sich auf die moralische Mitwirkung 
beschränkt; jede Anklage materieller Cooperationen weise er zurück. Er leugne 
eben so wenig, daß möglicherweise einzelne Montenegriner in den Reihen 
der Insurgenten angetroffen worden seien; aber diese Individuen hätten sich 
dort ohne sein Wissen und keineswegs in Folge eines von ihm erlassenen 
Befehls befunden. Uebrigens sei jeder Montenegriner Soldak, und jeder 
Bürger trage Waffen, ohne jedoch einer Aufsicht unterworfen zu sein. Was 
den Vorwurf anbetreffe, daß die Montenegriner isolirte Angriffe auf Türken 
unternommen, so erklärt Nikolaus, solche Angriffe seien seit Jahren auf beiden 
Seiten gang und gäbe. Wenn nun, wie es in Omer Pascha's Note heißt, 
die Pforte wirklich Versöhnung wünsche, so sei Montenegro seinerseits nicht 
weniger bereit, die Aera der Zerwürfnisse abzuschließen. Man klagt Mon- 
tenegro an, offensiv gegen die Türkei vorzugehen und offenkundig in den 
Angelegenheiten der Herzegowina zu interveniren. Montenegro weist diese 
Anklage zurück: „Nie hat es seine Kühnheit so weit getrieben; denn es kennt 
zu gut die Macht der hohen Pforte, als daß es sich erlauben sollie, ihr Trotz 
zu bieten.. Schließlich entgegnet Fürst Nikita auf die ihm gestellten For- 
derungen in kategorischer Weise ungefähr wörtlich Nachstehendes: 1) Er solle 
sich jeder Cooperatton enthalten — das habe er immer gethan; 2) er solle augen- 
blicklich die Dörfer Krnjica und Snoca räumen — das sei sofort nach Beendigung 
des Kampfes geschehcn, da sich am Abend des Gefechtstages kein einziger Monte- 
negriner mehr auf dem bezeichneten Territorium befunden habe; 3) er solle un- 
verzüglich und unverletzt die irregulären Soldaten und deren Offizi - 
eben, die er in Konjt . ind deren Offiziere heraus 
geben, Renjica gefunden und die er nach Cettinje habe transpor-
	        
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