Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

338 Cürkei. 
27. Sept. (Serbien). Der englische Gesandte in Konstantinopel Bulwer trifft 
in Belgrad ein, um die Ausführung der Conferenzbeschlüsse zu überwachen. 
28. „ (Montenegro). Die Türken beginnen, Montenegro zu räumen. 
Pionierabtheilungen fangen inzwischen an dem Bau der Blockhäuser zu ar- 
beiten an. 
5. Okt. (Serbien). Protokollarische Verhandlung in Belgrad, wonach sämmt- 
liche Barrikaden in Belgrad und sämmtliche Redouten an den serbischen 
Grenzen weggeräumt und vernichtet werden müssen, bevor der Ferman der 
Pforte, der ihre Zustimmung zu den Beschlüssen der europäischen Conferenz 
ausspricht, verlesen werden darf. Es wird sofort an die Schleifung der 
Barrikaden gegangen. Sobald dieß geschehen, verläßt der englische Gesandte 
Belgrad wieder. 
6. „ (Serbien). Verlesung des Fermans der Pforte in Belgrad. Prokla- 
mation des Fürsten Michael: 
„Wir Michael Obrenovich III., von Gottes Gnaden und durch den Willen 
des Volks Fürst von Serbien, thun hiemit kund und zu wissen: In Folge 
kritischer und außerordentlicher Verhältnisse, in welche unser Land durch das 
Bomdardement der Stadt Belgrad versetzt wurde, habe ich die mir vom 
Staatsrath übergebene unbegrenzte Gewalt am 18. Juni übernommen, und 
durch das Interesse für das Vaterland geleitet, habe ich alles gethan, was 
möglich war, um das Land vor weiteren Verkürzungen seiner Rechte und 
seiner Ruhe zu bewahren, und die Wiederholung so bedauerlicher Vorfälle 
unmöglich zu machen. Wenn die Anordnungen, welche die Folge des ein- 
stimmigen Beschlusses der hohen Pforte und sämmtlicher garantirenden Mächte 
sind, auch nicht in vollem Maße meinen Wünschen und Erwartungen ent- 
sprechen, so bringen sie Serbien doch einige bis jetzt entbehrte Rechte als 
neue Errungenschaften. Ich habe deßhalb im Interesse des Vaterlandes für 
gut befunden, den Beschlüssen des Suzeräns und aller garantirenden Mächte 
kein Hinderniß in den Weg zu legen, damit den außerordentlichen Verhält- 
nissen ein Ende gemacht werde. Der kaiserliche Ferman, welcher die ange- 
führten Anordnungen enthält, setzt jedermann in den Stand, die Vortheile 
desselben zu begreifen. Insofern unsere gerechten Wünsche bei dieser Ge- 
legenheit nicht erfüllt sind, erwarte ich mit größter Zuversicht in die Gnade 
Gottes und die gute Gesinnung der Großmächte, daß sie später werden er- 
füllt werden. Das Volk Serbiens möge auch fernerhin die allbekannte 
Vaterlandsliebe nähren, die Gesetze und Anordnungen der Regierung ehren 
und den Behörden folgen; es erhalte sich den Glauben an Gott und die 
Zuversicht auf seine gute Sache, dann kann Serbien nur einer guten und 
immer besser werdenden Zukunft entgegensehen. Nach dem Aufhören der 
außerordentlichen Verhältnisse wird alles wieder seinen gewöhnlichen regel- 
mäßigen Gang gehen. Die resp. Minister werden mir, jeder in seinem Fach, 
Vorschläge machen, welche, um dieß zu erreichen, nothwendig sind. Für mich 
ist es jedoch die größte Befriedigung, bei dieser Gelegenheit dem ganzen Volk, 
dem nationalen und regulären Heer, den Beamten aller Branchen und der 
Geistlichkeit, mit einem Wort allen und jedem, welche in diesen außer- 
ordentlichen Verhältnissen etwas zum Besten des Vaterlandes beigetragen, 
die Einen mühsame und ersprießliche Dienste, die Andern materielle Opfe 
— alles Zeichen von Vaterlandsliebe — meine Zufriedenheit und meinen 
Dank auszusprechen.“ 
Der erste Transport der Türken verläßt bereits Belgrad. 
10. " (Montenegro). Omer Pascha kehrt nach Konstantinopel zurück. 
15. „ (Donaufürstenthümer). In der Moldau entwickelt sich eine heftige 
Gährung gegen die zum Nachtheile der Moldau und namentlich Jassy's sich 
vollziehende Union der Fürstenthümer.
	        
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