Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

32 Deutschland. 
„Ich habe mir, m. H.H., lediglich deshalb das Wort erbeten, um zu er- 
klären, daß, mindestens infolge des vorliegenden Adreßentwurfs, das großh. 
Staatsministerium sich nicht veranlaßt findet, an der Debatte einen besondern 
Antheil zu nehmen. Die weimarische Regierung hat seit einer Reihe von 
Jahren die Ueberzeugung festgehalten und bei gegebener Gelegenheit auch 
außerhalb dieses Saals ausgesprochen, daß eine umfassende Reform 
unserer Bundesverfassung eine dringende Nothwendigkeit geworden 
sei; sie hat weiter die Ueberzeugung ausgesprochen, daß, wie wünschenswerth 
auch, Verbesserungen im einzelnen sein mögen, doch eine wirkliche Befriedi- 
gung des vorhandenen Bedürfnisses nicht eintreten könne, wenn nicht in 
der Weise, wie der vorliegende Entwurf es andeutet, dem deutschen Volke 
auch in der europäischen Staatenfamilie diejenige Geltung verschafft werde, 
die es nach dem Maße seiner materlellen Bedeutung und seiner hohen geisti- 
gen Entwickelung in Anspruch nehmen kann; sie hat ebenso die Ueberzeu- 
gung ausgesprochen, daß zu diesem Ziele nicht gelangt werden könne, wenn 
nicht in angemessener Weise dem deutschen Volke auch eine Mitwirkung an 
seinen Angelegenheiten gewährt wird, und sie hält endlich die Ueberze ugung 
fest — dies halte ich für nothwendig, besonders hervorzuheben —, daß der 
große und unschätzbare Vortheil, den Deutschland durch seine Zerrissenheit in 
Bezug auf die innere Entwickelung hat, mit andern Worten, daß die kräf= 
tige Entwickelung der Einzelstaaten zu dem, wozu sie zunächst be- 
rufen sind, nur gesichert werden kann, wenn nach jener Richtung das allge- 
meine Bedürfniß befriedigt wird. Das großh. Staatsministerium erkennt 
in dem vorliegenden Entwurf im wesentlichen diese Gedanken wieder, und 
deshalb wird es, sofern nicht die Debatte eine besondere Veranlassung zu 
einem entgegengesetzten Verfahren gibt, an der Verhandlung sich nicht weiter 
betheiligen.“ 
15. Febr. (Baden). Von der katholischen Partei werden zahlreiche 
lithographirte Bittschriften gegen die bürgerliche Gleichstellung der 
Israeliten im Lande verbreitet. 
16. „ (Coburg). Der Landtag ertheilt seine Zustimmung zur Ein- 
führung des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs, richtet aber 
bei dieser Gelegenheit an die Staatsregierung von neuem das Er- 
suchen, „ihrerseits nach Kräften dahin zu wirken, daß Deutschland 
zu einer politischen Organisation gelange, bei welcher in Fragen der 
gemeinsamen deutschen Gesetzgebung eine gemeinsame Volksvertre- 
tung entscheidend mitzuwirken berechtigt ist". 
17. Febr. (Holstein). Th. Lehmann, das Haupt der deutschen Na- 
tionalpartei wird vom holst. Obergerichte in Glückstadt wegen seiner 
Betheiligung an den Bestrebungen des National-Vereins, speziell als 
Verfasser der von 120 Mitgliedern des National-Vereins am 
13. Januar 1861 in Kiel unterzeichneten Resolutionen (s. Jahrg. 
1861 S. 230) freigesprochen. 
24. Febr. (Preußen). Preußische Denkschrift gegen die identischen 
Noten v. 2. Febr. 
Die Denkschrift erklärt „vorweg erläuternd, daß von Preußen zwar noch 
keine Erklärung über die eigentliche Organisation eines solchen engern Ver- 
eins (Bundesstaats im Staatenbunde) abgegeben ist, daß die identische Note 
aber voraussetzt, es sei ein Bundesstaat mit einheitlicher Spitze gemeint, an 
welche sich das Recht des militärischen Obercommando's, sowie derjenige der
	        
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