Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Deutschland. 35 
barten Fassung des Antrages weder nach Form noch nach Inhalt 
einverstanden: 
„Die k. Regierung betrachte das Bundesrecht als Ausgangspunkt, die 
Vereinbarung als Mittel, den Bundesstaat als Ziel; letzterer sei aber aus 
praktischen Rücksichten nach seiner Ausdehnung und nach seiner Kompetenz 
unbestimmt zu lassen. Es handle sich gegenwärtig nicht, wie 1849, darum, 
an Stelle der aufgehobenen Bundesverfassung eine neue Konstruktion zu 
setzen: vielmehr bestehe jetzt eine Bundesverfassung, und andere Regierungen 
seien bestrebt, eben dieser Bundesverfassung nach der Seite des inneren 
Staatsrechts die möglichste Ausdehnung zu geben. Preußen trete einerseits 
diesem Bestreben verneknend entgegen, indem es den Bundestag auf das ge- 
naueste Maß seiner Kompetenz beschränkt wissen wolle; andererseits gehe es 
auf dem Wege freier Vereinbarung und einzelner Verträge positiv in der 
Richtung einer bundesstaatlichen Einigung vor. Eine zu scharfe Bestim- 
mung dieses engeren bundesstaatlichen Verbandes nach seinen äußerlichen 
Grenzen, wie nach seiner Kompetenz entspreche der Sachlage nicht 
und könne auf die befreundeten Regierungen ungünstig wirken. Deshalb 
erscheine die Fassung der Resolutionen 1 und 2 nicht zweckmäßig, weil die 
Präzisirung des territorlalen Umfanges des künftigen Bundesstaats, durch 
welche Oesterreich neben denselben gestellt werde, und der Ausdruck „Bundes- 
regierung“ die gegnerische Politik stärken, weil Regierungen und Völker den 
Schein eines Hinausdrängens Oesterreichs zum Hebel gegen Preußen be- 
nutzen und ein Hineinzwingen aller übrigen Staaten heftig bestreiten wür- 
den. Die Forderung der Resolution 3 endlich, daß die bundesstaatliche Or- 
ganisation offen als Ziel hingestellt und „zunächst“ durch Vereinbarungen 
ihrer Verwirklichung entgegengeführt werde, sei ein Hindrängen auf 
einen Weg, der eine Drohung einschließe und zu bedenklichen Aus- 
legungen Anlaß geben könne". 
28. Febr. (Preußen). In Folge der Erklärung des Reg-Commissärs 
beschließt die Commission des Abg.-Hauses, auf eine Einigung mit 
der Regierung bezüglich des im Hause einzubringenden Antrags in 
der deutschen Frage zu verzichten und demgemäß auch die der 
Regierung gemachte Concession, welche in der Uebergehung der 
Nichtrechtsbeständigkeit des Bundestags bestand, zurückzunehmen. 
Mit allen gegen 2 Stimmen erhält die zweite Erwägung den Zusatz: 
„Zumal da es dem jetzigen Bunde bei der Ohnmacht des nicht 
mehr zu Recht bestehenden Bundestags an jedem wirksamen Or- 
gane fehlt.“ Am Schlusse der Resolution 2 soll gesagt werden „in welchem 
(engern Bunde) die Krone Preußen die einheitliche Bundesregierung führt 
und durch eine gemeinsame parlamentarische Vertretung für Freiheit und 
Recht des deutschen Volks die unerläßlichen Garantien geboten werden." Re- 
solution 3 wird gestrichen. 
Der den Antrag begleitende Bericht äußert sich über den prinzipiel- 
len Standpunkt der Kommission im Gegensatz gegen denjenigen der Re- 
gierung folgendermaßen: 
„.. Die große Mehrheit der Commission glaubte auf die (von der Regierung 
gewünschte) Weglassung der Erwägungsgründe nicht eingehen zu dürfen, weil 
sie zur Erläuterung und Würdigung der Schlußanträge erforderlich sind. 
Ebenso konnte sie sich nicht entschließen, die gestellten Anträge zu modifiziren. 
Sie ist der Ansicht, daß die Volksvertretung sich nicht auf den bloß diplo- 
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