Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

426 Uebersicht der Ereignisse des. Jahres 1862.,. 
Türseh gestehen mußte, Umsonst hatte Montenegro eine Erhebung Serbieus, 
die das Signal für den allgemeinen Aufstand der christlichen Unterthanen. 
der Pforte, zunächst in Bulgarien werden sollte, erwartet. In der That 
war in Serbien schon seit längerer Zeit gerüstet worden. Aber es blieb- 
bei einem blutigen Zusammenstoße in Belgrad. In Folge eines unbedeu- 
tenden Anlasses stürmten die Serben die türkische Vorstadt und drängten 
die Türken in die Festung zurück, worauf diese die Stadt bombardirten. 
Die Repräsentanten der Großmächte vermittelten, die Pforte machte einige- 
Concessionen und der Friede blieb erhalten. Auch gegenüber den Donau: 
fürstenthümern wurde die Stellung der Pforte keine schlimmere. In der 
Moldau, die sich bei der kaum errungenen Union gegenüber der Wallachei 
benachtheiligt fand, entwickelte sich eine lebhafte Agitation gegen dieselbe 
und in der gemeinsamen Nationalversammlung: that sich eine Partei her- 
vor, die ganz offen auf die Verdrängung des Fürsten Cousa hinarbeitete. 
Dagegen sanken die Hoffnungen, die man auf den neuen Sultan Abdul 
Azis gesetzt hatte, nur allzuschnell zusammen. Statt wie sein Bruder 
Abdul Medjid für die Freuden des Harems, vergeudete Abdul Azis die 
beschränkten Einkünfte des Reichs zur Befriedigung einer nutzlosen Mili- 
tärliebhaberei. Gegen Ende des Jahrs verbreitete sich sogar allgemein 
das nicht unglaubwürdige Gerücht, daß er an zeitweiliger Geistesstörung 
leide. s « 
Griechen- Eine große Gefahr schien dagegen der Pforte plötzlich von Griechen- 
land. land zu drohen, wo die „große Idee“ endlich zum „Durchbruch kam. 
Seit dreißig Jahren hatte der König Otto nach besten Kräften an dem 
Wohle des seiner Leitung anvertrauten Landes gearbeitet. Daß er den 
Staat, dessen Gränzen ihm von, den europäischen Mächten allzuknapp 
zugemessen worden waren, nicht, wie# es der Drang der Griechen ver- 
langte, auszudehnen vermochte, war nicht seine Schuld. Odbgleich mehr 
friedlicher als kriegerischer Natur hatte er es im Krimkriege versucht, 
aber der Versuch war am Widerstand der Westmächte gescheitert. Be- 
gründete Klagen konnten weder gegen ihn noch gegen seine Regierung, 
die eine durchaus nationale war, vorgebracht werden, Dennoch hatte sich 
eine allgemeine Unzufriedenheit, ein allgemeines Verlangen näch neuen 
Geschicken verbreitet. Schon im Februar war eine Militärrevolte in 
Nauplia ausgebrochen, die erst im April unterdrückt werden konnte. Der 
König ertheilte eine weitgehende Amnestie und suchte den Volkswünschen 
Miöglichst entgegen zui kommen, indem er den, Kammern einen Gesetzes-
	        
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