Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

46 Deutschland. 
„Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm l., Kurfürst etc. etc., 
verordnen, nach Anhörung Unseres Gesammt-Staatsministeriums, da die 
auf Grund und nach Maßgabe der Verfassungsurkunde und des Wahlge- 
setzes vom 30. Mai 1860 ausgeschriebenen Wahlen zu der zweiten Kammer 
der drei letztberufenen Landtage von der Mehrzahl der hierzu berufenen 
Wähler unter dem unstatthaften, die Verhinderung der Ausübung des land- 
ständischen Berufs seitens der Landtags-Abgeordneten bezweckenden Vorbehalte 
des Verfassungsrechts von 1831 vollzogen worden sind, und in Folge dessen 
die Mehrheit der Abgeordneten der zwelten Kammer im Widerspruche mit 
der Annahme der Wahlen nach der Verfassung und dem Wahlgesetze vom 
30. Mai 1860 die Erfüllung ihres verfassungsmäßigen Berufs verwei- 
gert hat; da ein solches ordnungswidriges Verfahren zur Hinderung des 
verfassungsmäßigen Ganges der Reglerung nicht geduldet werden darf, viel- 
mehr die Vollziehung der Wahlen auf Grund und nach Maßgabe der Ver- 
fassung und des Wahlgesetzes vom 30. Mai 1860 jeden entgegenstehenden 
Vorbehalt ausschließt und die Erfüllung und Ausführung des durch die Ver- 
fassungsurkunde vom 30. Mai 1860 vorgezeichneten landständischen Berufs 
mit rechtlicher Nothwendigkeit fordert; da eine Sicherung gegen gleiche oder 
ähnliche Ordnungswidrigkeiten, sowie eine Bürgschaft für die Ausführung 
und Erfüllung des verfassungsmäßigen Berufs Seitens der Abgeordneten zur 
zweiten Kammer der Landstände hiernach geboten ist — wie folgt: § 1. Wer 
in seiner Eigenschaft als Wahlberechtigter an einer Wahl zur zweiten Kam- 
mer der Landstände, sei es in aktiver oder passiver Weise, Theil nehmen 
will, hat vor der stattfindenden Wahl der Abgeordneten, bezüglich Wahl- 
männer, die Erklärung abzugeben: daß er die Wahl zur zweiten Kam- 
mer der Landstände auf Grund und nach Maßgabe der Verfassung“ und des 
Wahlgesetzes vom 30. Mai 1860 ohne irgend einen Vorbehalt vor- 
nehmen, beziehungsweise eintretenden Falles annehmen und die unweiger- 
liche geschäftsordnungsmäßige Erfüllung des durch die Verfassungsurkunde 
vom 30. Mai 1860 vorgezeichneten, landständischen Berufs seitens der aus 
der Wahl hervorgehenden Abgeordneten gewahrt wissen wolle. & 2. Diese 
Erklärung ist von dem Wahlcommissär zu Protokoll abzugeben. Nachdem 
mit diesem Protokoll das Wahlprotokoll eröffnet sein wird, haben sodann der 
genannte Wahlcommissär vor der Wahl der Abgeordneten, beziehungsweise 
die Bürgermeister der Städte und der Landgemeinden vor der Wahl der 
Wahlmänner, die außer ihnen wahlberechtigten Personen die obige Erklä- 
rung entweder schriftlich oder zu Protokoll abgeben zu lassen. 
§ 3. Wer diese Erklärung abzugeben verweigern sollte, darf zu den 
Wahlen der Abgeordneten, sowie der Wahlmänner nicht zugelassen werden, 
und ist, insofern er solche nicht vor der Abgeordnetenwahl nachholen würde, 
in dem betreffenden Verzeichniß zu streichen. Zuwiderhandlungen 
gegen diese Vorschrift werden bei dem Wahlcommissär und den Bürgermei- 
stern der Städte und Landgemeinden mit Ordnungsstrafen von 30 bis 
50 Thalern geahndet und ist bei fortgesetzter Renitenz gegen die Aus- 
führung dieser Verordnung gegen die wahlleitenden Gemeindebeamten das 
Disciplinarverfahren einzuleiten." 
Ende April. (Preußen). Die Preuß. Regierung macht in Kassel 
gegen die Ausführung der Maaßregel vom 26. April ernstliche 
Vorstellungen und regt gleichzeitig in Wien den Gedanken an, 
am Bundestage die Kurfürstliche Regierung von der wirklichen Ein- 
leitung des Wahlverfahrens abzumahnen. Das Wiener Kabinet 
ist jedoch der Ansicht, daß für einen solchen Schritt die Zustim- 
mung der Mehrzahl der Bundesregierungen nicht zu erwarten stünde.
	        
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