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auch durch motivirte Tagesordnung abgelehnt hatten. Eine von
Breslau wirklich abgegangene Deputation wird weder vom König
noch von den Ministern empfangen und die abgegebene Adresse un-
eröffnet zurückgeschickt. Einige Städte protetiren und wollen re-
monstriren. Nachgerade fügen sich jedoch alle. Die trotz des Ver-
bots an den König abgegangenen Adressen bleiben unbeachtet.
18. Juni. Die Stadtverordneten von Berlin beschließen, in Zukunft alle
Adressen und Deputalionen an das kgl. Haus überhaupt zu unter-
lassen.
„ „ Der Professor an der Berliner Unirersität v. Holtzendorff wird
von der Regierung verwarnt, weil er am 4. d. M. in der Ver-
sammlung des ersten Local-Wahlbezirks auf eine Zustimmungs-
erklärung zu dem Wirken des Abg.-Hauses angetragen hatte. Kor-
respondenz darüber zwischen dem Cultminister und dem Senat der
Berliner Universität.
23. „ Die Stadtrerordneten von Königsberg in der Neumark lehnen
alle Empfangsfeierlichkeiten für die Prinzen Albrecht und Friedrich
Karl ab, mit 9 gegen 6 Stimmen selbst eine Begrüßung.
27. „ In Berlin constituirt sich ein „Verein zur Wahrung der ver-
fassungsmäßigen Preßfreiheit in Preußen“, entfaltet jedoch keine
bedeutsame Thätigkeit.
— „ Während des ganzen Monats sind von den Behörden gegen die
liberale Presse nach allen Seiten hin zahlreiche Verwarnungen er-
folgt. In Folge davon ist die Presse der Opposition über innere
Angelegenheiten fast gänzlich verstummt.
4. Juli. Medizinalrath und Prof. Möller in Königsberg wird suspen-
dirt, weil er den Vorsitz in einer Versammlung geführt, welche die
heimkehrenden Abg. begrüßt und durch Resolutionen sich für das
Abg.-Haus ausgesprochen hatte.
6. „ Ein aus 46 der angesehensten Bürger Kölns bestehendes Comité
ladet die 3 Präsidenten des Abg.-Hauses, die sämmtlichen Abg.
der freisinnigen Fractionen aus Rheinland und Westfalen und Schulze-
Delitzsch auf den 18. und 19. d. M. zu einem großen „provin-
ziellen Bankett“ nach Köln ein. Die Regierung hält es nicht für
rathsam, die Demonstration zu verbieten.
18./19. Juli. Das Abgeordnetenfest in Köln gestaltet sich zu einer
großartigen Demonstration der öffentlichen Meinung am Rhein für
das Abg.-Haus.
31. Juli. Tod des Prinzen Friedrich. Die Stadtverordneten von Berlin
beschließen mit 34 gegen 26 Stimmen die Absendung einer Adresse
oder einer Deputation zu unterlassen. Im Ministerium wird deß-
halb die Frage einer Auflösung der Stadtverordnetenversammlung
ventilirt.