30
Deutschland.
Stimmeneinhelligkeit constatirt wäre, die ganze Angelegenheit als eine zur
weitern Verhandlung am Bunde noch nicht reife an die einzelnen Bundes-
regierungen zur Verständigung unter einander zu verweisen. Graf Thun
schlug mir darauf vor, eine Zusammenkunft zwischen dem Grafen Rechberg
und mir Behufs weiterer Besprechung der Frage zu veranstalten. Ich er-
klärte mich hierzu geneigt, erhielt indessen in den folgenden Tagen durch Graf
Karolyi vertrauliche Mittheilungen, nach welchen Graf Rechberg vor unserer
Zusammenkunft die Erklärung meines Einverständnisses mit Bundesreform-
vorschlägen erwartete, für welche meines Erachtens längere und eingehendere
Vorverhandlungen erforderlich gewesen wären. Da hierzu die Zeit bis zum
22. zu kurz war, so glaubte ich auf die vorgeschlagene Zusammenkunft nur
in dem Falle eingehen zu können, daß von vorgängigen bindenden Verab-
redungen Abstand genommen werde. Ich fügte hinzu, daß es mir vor der
Hand nur darauf anzukommen scheine, zu verhüten, daß die Verständigung
durch die in Frankfurt zu erwartenden Vorgänge erschwert werde, und daß
ich bei meinem Eingehen auf Graf Thuns Vorschläge dieses Ziel hauptsächlich
im Auge gehabt habe, dessen Erreichung durch die Hereinziehung principieller
Fragen von ausgedehnter Tragweite einstweilen nur beeinträchtigt werden
würde. Da Graf Rechberg hierauf erklären ließ, daß Oesterreich auf weitere
Verfolgung des Antrags in Betreff der Delegirtenversammlung nicht ohne
gesichertes Aequivalent verzichten könne, so ist die Zusammenkunft bisher unter-
blieben. Von anderer Seite ist der k. Regierung inzwischen der Vermittlungs-
vorschlag gemacht worden, sie möge ihrerseits die Depesche des Grafen Bernstorff
vom 20. Dec. 1861 zurückziehen, wenn andererseits auf die Durchführung
der Anträge wegen der Delegirten verzichtet würde. Ich kann diese beiden
Fragen indessen nicht auf gleiche Linie stellen. Die Depesche des Grafen
Bernstorff begnügt sich damit, die Ansicht der k. Regierung darüber auszu-
sprechen, in welcher Weise eine Reform der deutschen Verhältnisse in Angriff
zu nehmen sei; es war diese Aeußerung durch eine Anregung des k. sächsischen
Cabinets hervorgerufen worden, und die k. Regierung hat mit dieser Note
an die freien Entschließungen der übrigen Bundesregierungen appel-
lirt, ohmne auf dieselben in irgend einem Wege drängend einwirken zu
wollen. So lange wir uns sagen mußten, daß die Ueberzeugung von der
Richtigkeit unserer Vorschläge bei den übrigen Regierungen noch nicht hin-
reichenden Anklang gefunden hatte, um einen Erfolg in Aussicht nehmen zu
können, haben wir die Frage ruhen lassen, und erst nachdem wir durch das
Verfahren der Majorität in der Delegirten-Angelegenheit zu einer Aussprache
provocirt worden waren, hat der k. Bundestagsgesandte den Auftrag erhalten,
in seiner Abstimmung die Ansichten der k. Regierung von neuem zu entwickeln.
Die Anträge wegen der Delegirtenversammlung dagegen sind nicht mit der-
selben Rücksichtnahme auf die Unabhängigkeit der Regierungen von entgegen-
stehender Ansicht in's Leben getreten, sondern es ist versucht worden, sie den
ausdrücklich widersprechenden Regierungen auf dem Wege neuer und dem In-
halt der Bundesverträge Gewalt anthuender Interpretationen letzterer, aufzu-
drängen. Einem solchen Verfahren gegenüber kann Preußen im Bewußtsein
seines guten Rechtes lediglich denjenigen Bundesregierungen, welche die Ei-
nigkeit im Innern des Bundes durch ihr aggressives Verfahren in Frage
stellen, die Sorge für die Beilegung oder die Verantwortung
für die Folgen des von ihnen heraufbeschwornen Conflictes
überlassen.“
2. Febr. (Kurhessen). Der Verfassungsausschuß der Ständever-
sammlung sieht sich genöthigt, wegen totalen Mangels an Vorlagen
sich beschwerend an die Regierung zu wenden.
3. ,, (Hannover). Die von der Regierung einberufene Synodal-