362 Görsenrurse.
gab sich am Schlusse des Jahres 1863 ein Unterschied zwischen National= und ita-
lienischer Anleihe von 7 pCt. zum Nachtheile des österreichischen Staatseffektes. —
Der Credit mobilier wußte die unfreiwillige Unterstützung der großen Geldmacht wohl
auszunützen. Bis Ende März war es ihm gelungen, seine eigenen Actien wieder
bis 1265 Fr. vorzuschieben. Nun war der Boden gut veorbereitet, um einen Haupt-
schlag zu versuchen. Jetzt wurde die Riesendividende von 100 Fr. und weitere
100 Fr. als bereits verdient angekündigt und die Werthe des Credit Mobilier zum
Familienpapier gestempelt, Gerüchte von einer Kapitalverdoppelung und von der Ge-
stattung des Omniums verbreitet. Moblier erreichte wirklich 1460, der spanische 1003.
Nur die Rente, die von Niemandem besonders protegirt wurde, konnte es nur we-
nige Sous über 70 bringen. Als nun aber die Regierung weder die Kapitalsver-
doppelung noch die so heiß ersehnten Obligationen bewilligte, da wurde zu einem
anderen Mittel gegriffen, um die zu Fortsetzung des Treibens erforderlichen Kapi-
talien aufzubringen. Die spanische Tochteranstalt hatte schon vorher ihr Kapital er-
höhen müssen und nun wurden noch unter dem frischen Eindruck der 100 Franks-
Dividende weitere Filialanstalten in Amsterdam, Turin und London gegründet. Und
siehe da, der Credit Mobilier bekam seine Actien nicht nur abgenommen, sondern er
fand eine Reihe von Nachahmern, die gleichzeitig ein Dutzend Concurrenzanstalten
an den nämlichen Handelsplätzen ins Leben riefen. Jetzt war auch die Zeit gekom-
men, die kaiserlich türkische Bank, von der bis dahin niemand etwas wissen wollte
und eine neue türkische Anleihe den nach Agiogeschäften verlangenden Parisern vor-
zulegen. Die sämmtlichen neuen Actien wurden mit einem Aufgeld von 20—50 pCt.
an den Markt gebracht und — man sollte es nach den Erfahrungen des J. 1856 kaum
glauben — genommen. Wie viel freilich in den Händen der ersten Unternehmer
selbst geblieben und wie viel sie um die Kurse zu halten zurückgekauft haben, das
wird man wohl erst später erfahren. Alles dieß geschah in den Monaten April und
Mai. Länger vermochte jedoch der Credit Mobilier diese schwindelhafte Hausse nicht
festzuhalten. Der politische Horizont wollte sich noch immer nicht aufheitern. In
der sehr schwierigen Mailiquidation zeigte es sich, wie ungünstig die Position der
Börse war. Von da an war die rückgängige Bewegung nicht mehr zu stauen. Es
kamen die besten politischen Nachrichten, sie blieben ohne Einwirkung auf die Börse.
Das Mißtrauen hatte einmal die Oberhand gewonnen und die Reaction war nicht
mehr zurückzuhalten. Die am 11. Juni endlich eintreffende Nachricht von der Ein-
nahme Puebla's ließ die Börse kalt und es wurde ihre Wirkung durch die gleich-
zeitige Erhöhung des Disconto's von 3½ auf 4 péCt. vollständig paralysirt. Auch
der Rücktritt Persigny's in Folge der Wahlen wurde von der Börse nicht honorirt;
der Ausfall der Wahlen hatte eben der allgemeinen Verstimmung nur neue Nahrung
gegeben. Die Juniliquidation war für die Haussiers mit den größten Verlusten ver-
knüpft. Mobiliers, die im April 1470 berührt hatten, gingen bis auf 1150 zurück.
Anfangs Juli begann die sommerliche Ruhe für die Börse, früher als sonst. Die
Nachricht von der Besetzung Mexico's durch die Franzosen kam zu spät und brachte
fast keine Veränderung hervor. Ende August gewann zwar der Credit Mobilier
wieder einen Vortheil über die Baissiers: Rente konnte auf 69,10, Mobiliers auf
1235 getrieben werden; aber es dauerte nicht lange und Ende September finden wir
die Kurse schon wieder auf dem Stande der Juniabrechnung. Von da an verschlim-
merte sich die Lage mehr und mehr. Gleich Anfangs des Monats machte sich der
knappe Geldstand fühlbar und schon am 8. Oct. mußte die Bank ihren Disconto von
4 auf 5 pCt. erhöhen. Die Kurse sielen und sielen. Man erwartete den Finanz-
bericht Foulds, welcher in der Regel vor der Eröffnung der Kammern erscheint, allein
man wartete vergeblich. Das Schweigen des Hrn. Fould war ein sehr beredtes. An
der Börse betrachtete man eine neue Anleihe schon als fait accompli. Endlich am
5. Nov. eröffnete der Kaiser die Kammern. Die Thronrede, welche einen Congreß
verkündigte und den anderen Mächten für den Fall der Weigerung ein sehr düsteres
Horoscop stellte, wurde zwar in Paris als eine „friedliche“ betrachtet und während
in Deutschland die Börsen über einander stürzten, meldete der Telegraph von Paris
täglich „Börse fest“ und ziemlich unveränderte Kurse. Freilich war die Pariser Börse