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u bleiben, in der Bundesversammlung in einem Geist des Friedens und der Ver-
sehnung zu wirken.
„Da die preußische Regierung gegen uns den Wunsch ausgedrückt haite, uns
in einem eventuellen Krieg neutral zu sehen, haben wir diesem Wunsche nach-
gegeben; nur haben wir in Berlin erklären lassen, daß dic besonderen Bestimmungen
dieser Neutralität erst in dem Fall der thatsächlichen Auflösung des deutschen Bundes
geregelt werden können. Unser Beitritt zu dem Vorschlag Preußens war vollkommen
in Uebereinstimmung mit den Umständen, da das Bundesrecht, indem es den
Bundesgliedern den Krieg unter sich verbot, ihnen folgerichtig auch untersagte, an
einem Krieg theilzunehmen, der trotz jenes Verbots zwischen zwei Bundesregierungen
ausbrechen würde. Zur Begründung der feindseligen Handlungen, deren Preußen
sich gegen unser Königreich schuldig gemacht, hat man kürzlich in Berlin behauptek,
daß wir während der erwöhnten Neutralitätsverhandlungen gegen das Wiener Cabinet
die Verpflichtung übernommen hätten, unsere Truppen gemeinfam mit dem in Hol-
stein stehenden österreichischen Corps operiren zu lassen. Diese Behauptung ist voll-
ständig falsch. Unsere Regierung hielt sich für gebunden durch die Versicherung,
Neutralität beobachten zu wollen für den Fall der Auflösung des Bundesvertrags,
und nur in dem Fall, daß unser Land durch Preußen angegriffen worden wäre,
hätten wir die Hülfe angenommen, die Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich uns
anbieten ließ. Aber voll Vertrauen in die Loyalität der preußischen Regierung ließen
wir Seiner kaiserlichen Majestät antworten, daß wir dieser Hülfe nicht zu bedürsen
glaubten. In Folge dessen hat jenes österreichische Truppencorps, welches Holstein
besetzt gehalten, unser Land durchzogen ohne Aufenthalt und auf dem kürzesten Weg,
um sich nach dem Süden Deutschlands zu begeben. Um dieselbe Zeit haben wir
dem preußischen Armeecorps, welches unter Befehl des Generallieutenants v. Man-
teufsel stand, gestättet, unser Gebiet zu passiren, um nach Minden zu gelangen.
Unser Verhalten hat unter diesen Umständen den Grundsätzen der strengsten Neu-
tralität entsprochen. Wir waren weit entfernt damals zu gewärtigen, daß der König
von Preußen wenige Tage später dasselbe Armeecorps dazu benützen werde, um sich
unseres Landes zu bemächtigen. Unfere Armee befand sich auf dem vollständigen Friedens-
fuß, da wir uns auf die uns zugesicherte Neutralität verließen und deren Negociationen,
obwohl vertagt, doch wieder zu gelegener Zeit aufgenommen werden sollten, nämlich
in Betreff der speciellen Bedingungen ihrer Ausführung, den ausdrücklichen und
wiederholten Erklärungen gemäß, welche unser Minister des Auswärtigen, Graf
Platen-Hallermund, in dieser Angelegenheit dem preußischen Minister Prinzen Bsen--
burg gemacht hatte. Unsere Regierung hatte daher keine Pferde aufkaufen lassen,
noch hatte sie die geringste Maßregel getroffen, welcher man den Charakter einer
militärischen Rüstung beilegen konnte. Alles, was die preußischen Blätier seit
kurzem über die angeblichen Rüstungen in Hannover mitgetheilt haben, ist durchaus
unbegründet und hat nur dazu dienen sollen, die öffentliche Meinung irrezuführen
und jene ungqualifitirbaten Gewallacte zu enischuldigen, welche gegen uns, unser
Königreich und unsere Unterthanen verübt woxden. Stets von demselben Geist der
Mäßigung, der Versöhnlichkeit und Unparteilichkeit beseelt, haben wir unserem Bundes-
gesandten den Auftrag ertheilt, sich gegen die österreichische Proposition vom 14. Juni
auszusprechen, insoweit diese den Zweck hatte, den deutschen Bund gegen Preußen
Partei nehmen zu lassen und nur insoweit für die beantragte Mobilmachung zu
stimmen, als diese nicht gegen die letztere Macht gerichtet war und lediglich nur die
Aufrechterhaltung der Ruhe und Sicherheit auf dem Bundesgebiet bezweckte. Die
Ausführungen und Belege (les allégations), welche die preußischen Organe in
jüngster Zeit gegen unsere dießbezügliche Politik vorbrachten, entbehren gleicher Weise
jeder Begründung. Die Haltung, welche unsere Regierung seit Beginn des Con-
flicts eingenommen, ließ uns daher hoffen, daß unser Königreich und unsere getreuen
Unterthanen von einem Krieg unberührt bleiben dürfsten, der von Tag zu Tag
drohender zu werden schien. .
„Aber wie groß war unsere schmerzliche Ueberraschung, als das Berliner
Cabinet am 15. Juni d. J. sich den Anschein gab, als hätte es alle Antecedentien