302 Oesterrtich.
IX.
Depeschen des den französischen Kammern im Februar 1867
vorgelegten Gelbbuches.
Nr. 43. Vicomte de Méleizes, französischer Gesandter in München,
an den Minister des Auswärtigen:
„München, 2. Aug. Herr Minister! Ich habe gestern Hrn. v. d. Pfordten
bei seiner Rückkehr aus Nickolsburg gesehen, und nachdem er mir die Vorkommnisse
seiner Reise erzählt hatte, beauftragte er mich, Ew. Excellenz für die Mitwirkung
zu danken, die er in der von ihm geführten Unterhandlung von Seiten des Herrh
Benedetti erhalten hat. Der Waffenstillstand beginnt heute und Hr. v. d. Pferdten
wird sich nach Berlin begeben. Wie Sie wohl ohne Zweifel schon wissen, verlangt
Preußen von Bayern die Zahlung von 20 Millionen Thalern als Kriegscontribution
und die Abtretung einer Gebietsstrecke mit wenigstens 500,000 Seelen im Norden
der Rheinpfalz und in Ober= und Niederfranken. In gerechter Aufregung übtr
seine Lage hat der Ministerrath des Königs beschlossen, unsere In-
tervention anzurufen (# invoquer notre intervention),, und Hr. v. Wendland
hat Befehl erhalten, in diesem Sinne Schritte bei Ew, Exc. zu thun. Genehmigen
Sie 2c. (gez.) De Méloizes.“
Nr. 44. Der Minister der Auswärtigen an den französischen Bot-
schafter in Berlin:
Paeris, 14. Aug. Mein Herr! Die Cabinette Süddeutschlands,
mit Ausnahme des von Karlsruhe, haben sich an die kaiserliche
Regierung gewandt, um deren Unterstützung in den zu Berlin eröffneten Unter-
handlungen zu erhalten. Sie kennen die Gesinnungen, die wir für diese Staaten
hegen. Das Berliner Cabinet hat uns seinerseits wiederholt seines Wunsches ver-
sichert, diese Staaten neben dem Nordbund eine wirklich lebenskräftige (vraiment
sérieuse) Existenz einnehmen zu sehen. Wir nehmen keinen Anstand, zu denken,
daß Preußen sich in den auf die Wiederherstellung des Friedens mit diesen Staaten
bezüglichen Fragen versöhnlich und gemäßigt zeigen werde. Sie haben nicht direct
in den Unterhandlungen einzuschreiten; Sie werden aber dem Hrn. Grasen Bismarck
nicht vorenthalten, welches die persönlichen Gefühle des Kaiser für jene Höfe sind, die
sich an sein freundschaftliches Wohlwollen gewandt haben. Genehmigen Sie 2c.
(gez.) Drouyn de I°Huys.= 4
Nr. 45. Der Minister des Auswärtigen an den französischen Ge-
sandten in München:
„Paris, 23. Aug. Heir Vicomte! Frhr. v. Wendland hat mir den Wunsch
ausgedrückt, daß die kaiferliche Regierung neue Schritte bei dem Berliner Hof
than möge. Herr Benedetti war, wie ich Ihnen mitgetheilt, mit Insiructionen
versehen, die ihm gestatten, Herrn v. d. Pfordten die Unterstützung unserer guten
Dienste zu leisten, und ich wußte bereits, daß er sich in der für die bayerische
Regierung freundschaftlichsten Weise dieses Auftrags entledigt hatte. Nichtsdesto-
weniger bin ich dem Wunsch des Hrn. v. Wendland nachgekommen und habe den
kaiserlichen Botschafter durch den Telegraphen aufs neue an das Interesse erin-
nert, welches Se. Majestät der Kaiser für den bayerischen Hof hegt.
Aus den Mittheilungen, die mir aus Berlin zugehen, habe ich entnommen, daß
unfre ersten Bemühungen nicht erfolglos geblieben sind. Ich bin erfreut, daß
unsere letzten Schritte gleichfalls nicht ohne Einfluß auf das endgültige Ergebniß
einer Unterhandlung geblieben sind, die sich in befriedigenderer Weise abschließt, als
6 ener Cabinet anfangs gehofft hatte. Genehmigen Sie 2c. (gez.) Drouyn
e [Huys,“