Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebenter Jahrgang. 1866. (7)

524 Ueberficht der Ertignisse des Jahrts 1866. 
Deutsh- von Anfang umsonst beabsichtigt und versucht und erst erreicht, als 
lend, es bereits zu spät war und jede derselben don den Preußen für 
sich zurückgeworfen und in einer Reihe von einzelnen kleinen Ge- 
fechten geschlagen worden war. Die Kriegführung der süddeutschen 
Staaten entsprach durchaus dem politischen Princip, von dem diese 
Staaten sammt und sonders ausgingen, an dem sie festhielten, für 
das sie eben jetzt wieder mit Oesterreich gegen Preußen einzustehen 
sich entschlossen hatten, dem Princip des Particularismus, der in 
erster Linie seine und nur seine Interessen im Auge hat, jeder 
Unterordnung unter gemeinsame nationale Interessen widerstrebt, in 
dessen Horizont es gar nicht fällt, daß diesen gemeinsamen nationalen 
Interessen Opfer und zwar, wo es sich um die Existenz aller handelt, auch 
schwere Opfer nothwendig gemacht werden müßten. Da die süddeutschen 
Streitkräfte den preußischen von Anfang an an Zahl so weit über- 
legen waren, zumal so lange die kleine aber tapfere hannover'sche 
Armee noch nicht capitulirt hatte, so erschien eine energische Offensio- 
operation derselben gegen Norden nicht bloß möglich, sondern durch 
die ganze Lage der Dinge sogar angezeigt zu sein. Es scheint aber 
daran niemals auch nur gedacht worden. Die Contingente 
eines jeden der verschiedenen süddeutschen Staaten waren vielmehr in 
erster Linie nur darauf bedacht, die Grenzen je ihres eigenen 
Staates zu decken; sich von demselben allzuweit zu entfernen und 
damit den eigenen Staat möglicher Weise schutzlos dem Angriff des 
Feindes momentan Preis zu geben, um die Existenz aller zu retten, 
daran dachten sie gar nicht, das widersprach ihrer ganzen politischen 
Anschauung. Damit hatten die Preußen dann freilich das Spiel 
von Anfang an gewonnen. Zunächst wandten sie sich unter ihrem 
überaus tüchtigen, energischen und doch vorsichtigen Führer, General 
Vogel v. Falckenstein, in richtiger Berechnung gegen die stärkere, weil 
immerhin noch einheitlichere Hälfte der süddeutschen Streitkräfte, die 
Bayern. Diese waren zuerst unter ihrem Prinzen Karl von Coburg 
und Meiningen aus nordwestlich bis Kaltennordheim und ins Fulda- 
thal vorgerückt, um den Hannoveranern, die sie von Norden her 
erwarteten, die Hand bieten und zugleich ihre Vereinigung mit dem 
8. Bundesarmeecorps nach Westen bewerkstelligen zu können. Allein 
als die ersteren capitulirt hatten und schon nach dem ersten unent- 
schiedenen Gefecht mit den anrückenden Preußen bei Dermbach gingen
	        
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