Deutschland. 89
Der Minister bestätigt diese Erklärung mündlich nochmals und
fügt bei, daß er in den inneren Fragen zu jeder mit seinen Ueber-
zeugungen vereinbaren Concession bereit sei, namentlich auch mit-
zuwirken zu einer Aufhebung der nach seiner Meinung gerade das
Interesse der Regierung vorwiegend wahrenden Convention mit
Mainz, sobald die Kammer dieß wünsche und das bereits früher
vorgelegte Kirchengesetz zu Stande kommen lasse. Die Regierungs-
vorlage wird trotz alledem abgelehnt und mit 27 gegen 21 Stim-
men auch der Antrag auf Bewilligung von 21 Mill. fl. Dagegen
wird mit 27 gegen 19 Stimmen beschlossen, eine Adresse an den
Großherzog zu erlassen, in der auf Einberufung eines Parlaments
nach dem Reichswahlgesetz von 1849 hinzuwirken und um Beseiti-
gung der gerechten Beschwerden des Landes gebeten wird.
11. Juni. (Weimar). Eine Volksversammlung in Apolda spricht sich
gegen die preußenfreundliche Erklärung der 22 Landtagsabgeord-
neten aus.
12. „ (Oesterreich). Die österr. Truppen räumen Altona und tre-
ten über Hamburg ihren Rückmarsch durch Hannover und Kurhessen
an. Abschiedsproclamation des Generals Gablenz. Auch Herzog
Friedrich von Augustenburg verläßt Kiel und räumt das Land. Die
Preußen ziehen noch an demselben Tage in Altona ein und über-
nimmt Hr. v. Scheel-Plessen in Kiel die Functionen eines preuß.
Oberpräsidenten.
„ (Oesterreich) ruft seinen Gesandten in Berlin ab und stellt
dem preußischen Gesandten in Wien seine Pässe zu.
13. „ (Hannover). Die aus Holstein durchziehende österr. Brigade
Kalik wird in Hannover gefeiert.
„ (Kurhessen). Die aus Holstein durchziehenden Oesterreicher
werden in Kassel officiell gefeiert.
„ (Nassau). II. Kammer: Die Sitzung wird durch das Nicht-
erscheinen des Regierungscommissärs (um einen von der Fortschritts-
partei beabsichtigten Antrag zu vereiteln) gehindert.
14. „ (Bundestag). Die Bundesversammlung erhebt den Antrag
Oesterreichs v. 11. d. M., jedoch ohne dessen Motive und mit Aus-
nahme der Ziffer 4 desselben (Wahl eines Bundesfeldherrn), mit
9 gegen 6 Stimmen zum Beschluß:
Für den Antrag stimmen: Oesterreich, Bayern, Württemberg,
Sachsen, Hannover, Kurhessen, Großh. Hessen, Nassau und
die 16. Kurie;
gegen denselben: Preußen, Holland für Luxemburg-Limburg, die
12. Kurie (großh. und herzogl. sächs. Häuser), die 14. Kurie (Mecklen-
burg), die 15. Kurie (Oldenburg) und die 17. Kurie (freie Städte).
Der preuß. Gesandte erklärt den Beschluß sofort für bundes-
widrig, den Bund damit für gebrochen, legt den preuß. Bundes-
reformantrag auf den Tisch nieder und verläßt den Saal: