Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

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Preußen und der norddeutsche Pund. 
Ein Erlaß des Königs von Preußen zweigt den deutschen Theil 
Lothringens und ebenso Stadt und Festung Metz vom General- 
gouvernement Lothringen ab und vereinigt dieselben mit dem Ge- 
neralgonvernement Elsaß, das nunmehr alles das umfaßt, wes 
Deutschland beim Friedensschluß behalten zu wollen scheint. 
23. Aug. (Der Krieg). Straßburg wird von Badensern und Preußen 
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belagert und beschossen. 
Die Umgegend von Paris beginnt massenhaft nach der Haupt- 
stadt hinein zu flüchten. Die Regierung macht bekannt, daß die 
Vorbereitungen zur Vertheidigung von Paris nunmehr beendigt, die 
Nationalgarde vollständig bewaffnet und die Stadt mit Lebensmitteln 
und Kriegsmunilion ausreichend versehen sei. 
„ (Der Krieg). Der Marschall Mac Mahnn, der bei der Un- 
gewißheit, ob es Bazaine gelingen könne, aus Metz gegen Norden 
auszubrechen, sich zum Schutz der Hauptstadt nach Paris wenden 
will, wird von der Kaiserin-Regentin und dem Cabinet Palikao ge- 
zwungen, sich von Nheims aus nach Nordosten zu wenden und 
schlägt die Richtung gegen Sedan zu ein. 
Die kleine Festung Vitry ergibt sich. 
„ Versammlung einer Anzahl hervorragender katholischer Theologen 
aus Nord= und Süddeutschland in Nürnberg, um sich über weitere 
Schritte gegen die Anerkennung der päßpstlichen Unfehlbarkeit zu be 
rathen. Dieselben vereinbaren sich über eine gemeinsame Erklärung 
zu der weitere Unterschriften gesammelt werden sellen (s. Bayern). 
„Wir sind der Ueberzeugung, daß ein längeres Schweigen gegenüber den 
in Folge der Mehrheitsbeschlüsse der vaticanischen Bischofsversammlung vom 
18. Juli 1870 durch die Bulle „Pastor aeternus“ kundgemachten päßpstlichen 
Decreten weder uns ziemt, noch zum Nutzen der Kirche gereichen kann. In 
dem dritten Capitel dieser „Constitutio dogmatica prima de ecclesia Christi“ 
wird als Glaubenssatz aufgestellt: der römische Bischof habe nicht blos das 
Amt der Oberaussicht und der höchsten Leitung über die Kirche, sondern sei 
Inhaber der ganzen Machtfülle und besitze über alle Kirchen und jede einzelne, 
über alle Kirchenvorsteher und jeden einzelnen und über jeden Christen die 
ordentliche und unmittelbare Gewalt. Im vierten Capitel wird gelehrt: es 
sei von Gott geoffenbarter Glaubenssatz, daß der römische Bischof als Lehrer 
für die ganze Kirche („ex Cathedra") in Gegenständen des Glaubens und der 
Sitten die der Kirche von Christus verheißene Unfehlbarkeit besitze, und daß 
deshalb derartige Entscheidungen irreformabel seien aus sich selbst, nicht aber 
auf Grund der Zustimmung der Kirche. Diese Sätze vermögen wir nicht als 
Aussprüche eines wahrhaft öcumenischen Concils anzuerkennen; wir verwerfen 
sie als neue, von der Kircheniemals anerkannte Lehren. Von den 
Gründen, deren streng wissenschaftliche Ausführung vorbehalten wird, machen 
wir folgende namhaft: 1) Eine Constituirung der Lehre der Kirche über diese 
Punkte ist auf der Synode zufolge der Verheimlichung vor ihrer Eröffnung, so wie 
durch Verhinderung vollständiger Zeugnißabgabe und freier Meinungsäußerung 
mittelst vorzeitigen Schlusses der Debatte nicht erfolgt. Damit ist die wesent- 
liche Aufgabe eines öcumenischen Concils bei Seite gesetzt worden. 2) Jene 
Freiheit von jeder Art moralischen Zwanges und jeder Beeinflussung durch 
höhere Gewalt, welche zum Wesen eines öcumenischen Concils gehört, ist auf
	        
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