Preusten und der norddeutsche Pund. 125
sammten franz. Nation unternommene Krieg unserem Vaterlande auferlegt hat,
im Verhältniß stehen; sie müssen vor allen Dingen gegen die Fortsetzung der
von allen Machthabern Frankreichs seit Jahrhunderten geübten Eroberungs-
politik eine vertheidigungsfähige Grenze Deutschlands dadurch her-
stellen, daß sie die Ergebnisse der unglücklichen Kriege, welche Deutschland in
der Zeit seiner Zerrissenheit nach Frankreichs Willen führen mußte, wenigstens
theilweise rückgängig machen und unsere süddeutschen Brüder von dem Drucke
der drohenden Stellung befreien, welche Frankreich seinen früheren Eroberungen
verdankt. Die verbündeten Regierungen haben das Vertrauen zu dem nord-
deutschen Reichstage, daß derselbe ihnen die Mittel, welche zur Erreichung dieses
Zieles noch erforderlich, nicht versagen werde; sie sind gewiß, jetzt, wo es gilt,
die erlangten Erfolge zu sichern, bei Ihnen der nämlichen patriotischen Hin-
gebung zu begegnen, welche sie fanden, als es darauf ankam, die heute ge-
wonnenen Erfolge zu erreichen. Es ist ihr lebhafter Wunsch, daß es möglich
werde, jene Mittel nicht im vollen Umfange zu verwenden. Um Ihnen einen
vollständigen Ueberblick der politischen Lage zu gewähren, werden Ihnen die Mit-
theilungen vorgelegt werden, welche dem auswärtigen Amte bezüglich des Pa-
riser Friedensvertrages vom 30. März 1856 neuerdings zugegangen sind, und
an welche die verbündeten Regierungen den Ausdruck ihrer Hoffnung knüpfen,
daß die Wohlthaten des Friedens den Völkern erhalten bleiben werden, welche
sich derselben bisher erfreut haben. Die Fortdauer des Krieges hat eine fried-
liche Arbeit nicht verhindert. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, welches
durch gemeinsame Gefahr und durch gemeinsam erkämpfte Siege belebt ist,
das Bewußtsein der Stellung, welche Deutschland zum ersten Male seit Jahr-
hunderten durch seine Einigkeit errungen hat, die Erkenntniß, daß nur durch
die Schöpfuug dauernder Institutionen der Zukunft Deutschlands das Ver-
mächtniß dieser Zeit der Opfer und der Thaten gesichert werden könne, haben
schneller und allgemeiner, als noch vor Kurzem denkbar erschien, das deutsche
Volk und seine Fürsten mit der Ueberzeugung erfüllt, daß es zwischen dem
Süden und Norden eines festeren Bandes bedürfe, als der völkerrechtlichen
Verträge. Diese unter den Regierungen einhellige Ueberzeugung hat zu Unter-
handlungen geführt, als deren erste auf dem Felde des Krieges erwachsene
Frucht Ihnen eine, zwischen dem norddeutschen Bunde, Baden und Hessen
vereinbarte, vom Bundesrathe einstimmig angenommene Verfassung eines deut-
schen Bundes zur Genehmigung vorgelegt werden wird. Die auf gleichen
Grundlagen mit Bayern getroffene Verständigung wird ebenfalls Gegenstand
Ihrer Berathungen werden, und die Uebereinstimmung der Ansichten, welche
mit Württemberg über das zu erstrebende Ziel besteht, läßt hoffen, daß eine
gleiche Uebereinstimmung über den Weg zum Ziele nicht ausbleiben werde.
Sie werden, geehrte Herren, mit diesem Werke eine Thätigkeit würdig ab-
schließen, wie solche wenigen gesetzgebenden Versammlungen vergönnt gewesen
ist. In wenig mehr als drei Jahren haben Sie durch eine lange Reihe wich-
tiger, in die verschiedensten Verhältnisse des Volkslebens tief eingreifender Ge-
setze den Ihrer Mitwirkung anvertrauten ersten Ausbau der Bundesverfassung
fördern helfen, und durch die letzte, vor dem Ablauf Ihrer Amtsdauer Ihnen
zugehende Vorlage soll diese Verfassung und sollen die auf derselben beruhen-
den Gesetze über die Grenze ausgedehnt werden, welche bisher unsere süddeut-
schen Brüder von uns schied. Der große nationale Gedanke, welcher Sie stets
bei Ihren Berathungen leitete, wird durch die letzte Berathung, zu welcher Sie
zusammentreten, so Gott will, um einen entscheidenden Schritt seiner vollen
Verwirklichung näher geführt werden.“
Die Regierung verlangt einen Credit von 100 Mill. Thlrn. be-
hufs Fortführung des Krieges gegen Frankreich und legt die Ver-
träge mit Baden und Hessen vom 15. Nov. und den Entwurf einer
Verfassung des deutschen Bundes vor.