Preußen und der norddeutsche Vund. 137
7—8. Dez. (Nordd. Bund). Reichstag: Zweite Spezialdebatte über
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die Verträge mit den südd. Staaten. Zuerst werden die Verträge mit
Vaden und Hessen, dann derjenige mit Württemberg und zuletzt
auch derjenige mit Bayern nach Ablehnung aller Amendements-
anträge unverändert angenommen und zwar mit greßer Majorität
gegen die Stimmen der Socialisten, der Fortschrittspartei und eini-
ger Nationalliberalen. Am Schlusse macht Präsident Delbrück dem
Reichstage die Mittheilung,
daß heute in dem norddeutschen Bundesrathe ein Antrag eingebracht ist,
welcher dahin geht, im Einverständniß mit den Bevollmächtigten der süddeut-
schen Staaten in die Bundesverfassung diejenigen Aenderungen einzutragen,
welche in Folge der von Sr. Maj. dem König von Bayern an Se. Maj.
den König von Preußen gestellten, inzwischen von der ganz überwiegenden
Mehrzahl aller betheiligten Souveräne, in diesem Augenblick vielleicht schon
von sämmtlichen mit zustimmenden Erklärungen begrüßten Aufforderung in
der äußeren Bezeichnung der Präsidialmacht sowohl als des Bundes erfor-
derlich sind — Dieser Antrag wird morgen früh zur Berathung im Bundes-
rathe kommen, und wie ich voraussetzen darf, wird die nothwendige Verhand-
lung mit den Bevollmächtigten der süddeutschen Staaten ebenfalls morgen zu
Ende geführt werden können. Ich habe mir vorbehalten, das Ergebniß dieser
Berathung dem hohen Hause vorzulegen, ich habe aber nicht ermangeln wol-
len, schon heute diese Mittheilung hier zu machen.“
b Die Berollmächtigten VBayerns, Württembergs, Vadens und Hessens
in Berlin erklären durch ein Protokoll ihre gegenseitige Zustimmung
zu den Verfassungsverträgen mit dem norddeutschen Bunde.
9. „ (Der Krieg). Die franz. Delegationsregierung in Tours
siedelt nach Bordeaux über. — Die französische Loirearmee unter
General Chancy macht der Armee des Großherzogs von Mecklenburg
das Vorrücken gegen Blois und Tours bei Meung und Beaugench
mit zäher Tapferkeit streitig.
„ (Nordd. Bund). Reichstag: Dritte Lesung der Verträge mit
den süddeutschen Staaten. Dieselben werden neuerdings unverändert
angenommen und zwar diejenigen mit Baden, Hessen und Wünt-
temberg mit allen gegen die Stimmen der Socialisten, derjenige mit
Bayern unter Namensaufruf mit 195 gegen 32 Stimmen, nachdem
v. Bennigsen die Zustimmung der Nationalliberalen zu demselben
noch besonders motivirt hat.
Der Vundesrath beantragt, in der Einleitung zu der modificir-
ten neuen Verfassung den Ausdruck „Deutscher Bund“ mit „Deut-
sches Reich“ zu ersetzen und in Art. 11 dem Präsidium des Bundes
den Titel „Deutscher Kaiser“ zu ertheilen.
„ (Nordd. BVund). Der Reichstag genehmigt in erster, zweiter
und dritter Lesung das Gesetz betr. die durch Einfügung der Worte
„Kaiser und Reich“ bedingte Verfassungsveränderung wieder gegen
die Stimmen der Socialdemokraten und beschließt eine Adresse an den
König von Preußen, die ihm durch eine Deputation von 30 Mit-
gliedern, über deren Wahl das Loos entscheiden soll, in Versailles
überreicht werden wird. Schluß des Reichstags.