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Preusien und der norddeutsche Pund.
Adresse des Reichstags an den König von Preußen: „Auf den
Ruf Ew. Maj. hat das Volk um seine Führer sich geschaart, und auf frem-
dem Boden vertheidigt es mit Heldenkraft das frevelhaft herausgeforderte Vater-
land. Ungemessene Opfer fordert der Krieg, aber der tiefe Schmerz über den
Verlust der tapfern Söhne erschüttert nicht den entschlossenen Willen der
Nation, welche nicht eher die Waffen ablegen wird, als bis der Friede durch
gesicherte Grenzen besser verbürgt ist gegen wiederkehrende Angriffe des eifer-
süchtigen Nachbarn. Dank den Siegen, zu denen Ew. Majestät die Heere
Deutschlands in treuer Waffengenossenschaft geführt hot, sieht die Nation der
dauernden Einigung entgegen. Vereint mit den Fürsten Deutschlands naht
der norddeutsche Reichstag mit der Bitte, daß es Ew. Majestät gefallen möge,
durch Annahme der deutschen Kaiserkrone das Einigungswerk zu weihen. Die
deutsche Krone auf dem Haupt Ew. Maj. wird dem wieder aufgerichteten
Reich deutscher Nation Tage der Macht, des Friedens, der Wohlfahrt und der
im Schutze der Gesetze gesicherten Freiheit eröffnen. Das Vaterland dankt
dem Führer und dem ruhmreichen Heere, an dessen Spitze Ew. Maj. heute
noch auf dem erkämpften Siegesfelde weilt. Unvergessen für immer werden
der Nation die Hingebung und die Thaten ihrer Söhne bleiben. Möge dem
Volke bald vergönnt sein, daß der ruhmgekrönte Kaiser der Nation den Frie-
den wiedergibt. Mächtig und siegreich hat sich das vereinte Deutschland im
Kriege bewährt unter seinem höchsten Feldherrn, mächtig und friedliebend
wird das geeinigte deutsche Reich unter seinem Kaiser sein.“
12. Dez. (Der Krieg). Die Festung Pfalzburg capitulirt.
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o„ (Der Krieg). Aus Görlitz, Hirschberg, Minden, Münster,
Oppeln, Trier, Magdeburg entweicht eine nicht unbedeutende Anzahl
gefangener französischer Offiziere unter Bruch ihres verpfändeten
Ehrenworts. Gleichzeitig macht sich unter den zahlreichen kriegs-
gefangenen Franzosen, über 300,000, welche Zahl sich noch täglich ver-
mehrt, ein gefährlicher Geist der Widersetzlichkeit bemerkbar, der be-
sondere Vorsichtsmaßregeln nöthig macht.
Die meisten Internirungsorte werden in Belagerungszustand versetzt und
zugleich erläßt der König an die Generalgouverneure und commandirenden
Generale die strenge Weisung, die Gefangenen in jeder Beziehung aufs schärfste
zu überwachen. .
„ (Braunschweig). Landtag: Der Abgeordnete Müller bringt
den Antrag ein,
„für den Fall, daß der Ex-König von Hannover wirklich eine Welfen-
legion zur Unterstützung Frankreichs gebildet, ihm und seinen Nachkommen
die Regierungsnachfolge im Herzogthum Braunschweig zu entziehen, und eine
Militärconvention mit Preußen, wodurch den Offizieren des braunschweigischen
Contingents das Avancement durch die ganze Armee des deutschen Reiches ge-
sichert werde, abzuschließen"“. Beide Anträge werden lebhaft unterstützt und
der staatsrechtlichen Commission zur Berathung überwiesen. Zur Motivirung
bemerkt der Antragsteller unter Anderm: „Die Frage hinsichtlich der Erbfolge
im Herzogthume Braunschweig, welche seit dem Jahre 1861 aufgetaucht sei,
warte noch immer auf die Erledigung, und die staatsrechtliche Commission der
Landesversammlung sei mit ihrem Bericht noch im Rückstande, vielleicht aus
dem Grunde, weil ein praktischer Erfolg doch nicht zu erwarten gewesen sei.
Sein Antrag sei vielleicht Ursache, daß man die Berichterstattung beschleunige.
Man möge sich den Fall denken, daß der ehemalige König von Hannover den
Thron des Herzogthums besteige, also ein Mann, der, wenn er Privatmann
wäre, mit langjähriger, ja vielleicht lebenslänglicher Kettenstrafe zu bestrafen
sein würde. Könne man sich den Fall nur als möglich denken? Der Braun-
schweiger sei mit Recht hochstolz auf seine Fürsten. Er habe den Helden,