Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

208 
Mitte 
18. 
31. 
Die süddeutschen Staaten. 
der Concilsbeschlüsse ohne vorgängige Ertheilung des Placetum 
regium: 
„Mit der vierten öffentlichen Sitzung des vaticanischen Concils am 18. Juli 
l. J. und der darauffolgenden Beurlaubung eines Theils der versammelten 
Väter sind die Verhandlungen, welche für's Erste mit der Constitutio dog-- 
matica prima de ecclesia Christi abschließen, bis auf Weiteres unterbrochen 
worden. Die hierauf erfolgte Rückkehr der bei dem Concil anwesenden hoch- 
würdigsten HH. Erzbischöfe und Bischöfe des Landes bietet dem unterfertigten 
k. Staatsministerium die Gelegenheit dar, sich an dieselben mit nachstehender 
Entschließung zu wenden: Die bisher auf dem vaticanischen Concil gefaßten 
Beschlüsse sind theils aus öffentlichen Blättern bekannt geworden, theils haben 
einzelne Pastoral-= und oberhirtliche Verordnungsblätter mit dem Abdruck der 
neuen dogmatischen Constitutionen begonnen. Diesem letzteren Vorgang gegen- 
über muß zunächst an die unterm 7. Nov. v. J. an den hochw. Herrn Bi- 
schof von Regensburg erlassene Ministerialentschließung, mitgetheilt den sämmt- 
lichen zum Concil abgegangenen HH. Erzbischöfen und Bischöfen, zurückerinnert 
werden, in welcher bereits die nach Tit. IV § 9 der Verfassungsurkunde er- 
forderliche Genehmigung Sr. Maj. des Königs zur Verkündigung und 
Vollziehung jener Beschlüsse vorbehalten wurde. Auch jetzt noch und neuer- 
dings muß das unterfertigte k. Staatsministerium betonen, daß die Beschlüsse 
des vaticanischen Concils allgemein der eben allegirten Verfassungsstelle 
und den correlativen §§ 57 und 58 der zweiten Verfassungsbeilage unterstellt 
werden müssen und somit dem Placetum regium unterliegen. Die 
Unterlassung des dort vorgeschriebenen Verfahrens und somit die einseitige 
Verkündigung und Vollziehung der mehrerwähnten Beschlüsse des vaticanischen 
Concils würde daher einen Verstoß gegen verfassungsmäßige Grundbestim- 
mungen enthalten, welchen das unterfertigte kgl. Staatsministerium, eingedenk 
seiner Pflicht zur Beobachtung der Staatsverfassung, ferne zu halten verbun- 
den ist. Hiernach muß den hochwürdigsten HH. Erzbischöfen neuerdings in 
Erinnerung gebracht werden, daß die Verkündigung und Vollziehung der bis- 
her ergangenen Concilsbeschlüsse und auch der einfache Abdruck derselben in 
den oberhirtlichen Verordnungsblättern, als den officiellen Organen der geist- 
lichen Obrigkeit, ohne vorgängige Erfüllung der von der Staatsverfassung 
diesfalls geforderten Voraussetzungen nicht stattfinden dürfe. Auf Sr. 
kgl. Maj. allerh. Befehl. v. Lutz." 
Aug. (Bayern). Die Regierung richtet neuerdings 11 Fragen 
über den Einfluß des neuen Unfehlbarkeitsdogma's auf die Bezie- 
hungen zwischen Kirche und Staat an die theologischen und juristi- 
schen Facultäten der Universitäten München und Würzburg. Ol- 
ficiöse Artikel deuten an, daß von der Beantwortung dieser Fragen 
die Entscheidung über den Fortbestand des bayerischen Concordats 
mit Rom abhängen dürfte. 
„ (Bayern). Der Erzbischof von München, obgleich er in Rom 
zur Minderheit des Concils gehört hat, publicirt in einer Beilage 
zum Pastoralblatt, trotz des ausdrücklichen Verbots der Regierung 
vom 9. d. M., die Beschlüsse des vaticanischen Concils. 
„ (Württemberg). Entlassung des Ministers v. Varnbüler. 
Die nächsten Motive sind keine politischen. 
1. Sept. (Bayern). Im Anschluß an die Berliner Manifestation vom 
30. Aug. (s. unter nordd. Bund) beschließen in München die beiden
	        
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