Die süddeutschen Staaten. 219
Anf. Nev. (Bayern). Der Erzbischof von München fordert von den
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Professoren der Theologie an der Universität München die Unter-
zeichnung eines Reverses betr. Anerkennung der Beschlüsse des vati-
canischen Concils.
„ (Bayern). Die Bevollmächtigten Bayerns in Verseilles erheben
für den Anschluß Bayerns an den neuen deutschen Bund ungemein
weitgehende Ansprüche. Dieselben werden geradezu als eine Art
Vicekaiserthum für das Haus Wittelsbach bezeichnet.
„ (Bayern). Der Pfarrer Renftle in Mering bei Augsburg
protestirt gegen die Anerkennung des vaticanischen Concils und die
Unfehlbarkeit des Papstes und wird darin gegen die Zumuthungen
des Bischofs von Augsburg von seiner Gemeinde unterstützt.
„(Württemberg). Abends: Die beiden Bevollmächtigten zur
deutschen Verfassungsfrage in Versailles erhalten unerwartet ein kgl.
Telegramm, das ihnen die Sistirung des bereits zum Abschlusse
reifen Verfassungsentwurfs befiehlt, mit der Anweisung, mit Bayern
zusammenzugehen. Der Bundeskanzler lehnt die Zumuthung neuer
Unterhandlungen auf anderer Basis entschieden ab. Die Bevoll-
mächtigten entschließen sich sofort zur Rückkehr und persönlicher Be-
richterstattung und telegraphiren dies erst von Zabern aus.
„ (Baden). Abschluß eines Vertrages mit dem norddeutschen
Bunde bez. Beitritts zu demselben von Seite Badens zu Versailles
(s. Anhang Actenstück Nr. 1).
„ (Hessen) schließt zu Versailles einen Vertrag über den Beitritt
auch seines südlichen Theils zum norddeutschen Bunde resp. zu dem
neuen deutschen Bunde, so wie eine vorläufige Vereinbarung bez.
der Militärverhältnisse des Großherzogthums ab (s. Anhang Acten-
stück Nr. 1 und 2).
„ (Bayern). In Folge der ungünstigen Nachrichten über die
Unterhandlungen in Versailles bez. der deutschen Verfassungsfrage
fassen die Gemeindebehörden von München und Nürnberg sehr de-
monstrative Beschlüsse.
Beschluß der Gemeindebevollmächtigten von München: „Es
seien die durch Beschluß vom 17. Sept. d. J. zur Illumination beim Einzuge
der deutschen Truppen in Paris bewilligten 4700 fl. zurückzuziehen, wenn zu
befürchten ist, daß Bayern dem auf Grundlage der norddeutschen Bundesver-
fassung zu gründenden deutschen Gesammtbundesstaat nicht beitréten sollte; da-
gegen seien diese Mittel, insoweit sie noch nicht verbraucht sind, dem zu grün-
denden Invaliden-Fonds zuzuweisen.“ Der Antrag wird, nachdem betont wor-
den, daß, wenn Bayern aus dem deutschen Bundesstaat ausgeschlossen bleibe,
dann keine Zeit zu Freudenfesten, vielmehr zur Trauer sei, mit Einstimmigkeit
angenommen.
Beschluß der Gemeindebevollmächtigten von Nürnberg: An
den König die Bitte zu stellen: „Se. Maj. wolle einer zu diesem Zweck neu
zu wählenden Kammer die zur Berathung der deutschen Frage nöthigen
Vorlagen sofort unterbreiten lassen, um das dem weiteren wie engeren Vater-
land drohende Mißgeschick noch rechtzeitig abzuwenden." In der Motivirung