Anhang
von Actenstücken zur deutschen Verfassungsfrage.
1.
Protokoll wegen Abschlusses einer neuen Verfassung des deut-
schen Bundes, abgeschlossen zu Versailles d. d. 15. Nov. 1870 zwischen
den Vevollmächtigten des norddeutschen Bundes, des Großherzogthums
Baden und des Großherzogthums Hessen.
Nachdem Se. Majestät der König von Preußen, im Namen des norddeutschen
Bundes, Se. kgl. Hoheit der Großherzog von Baden und Se. kgl. Hoheit der Groß-
herzog von Hessen und bei Rhein übereingekommen sind, über die Gründung eines
deutschen Bundes in Verhandlung zu treten, und zu diesem Zwecke bevollmächtigt ha-
ben 2c. (von Seiten des norddeutschen Bundes waren bevollmächtigt: Graf Bismarck,
v. Friesen, Delbrück; von Seiten Badens Jolly und v. Freydorff; von Seiten Hessens
v. Dalwigk und Hofmann), sind diese Bevollmächtigten in Versailles zusammengetreten
und haben sich, nach gegenseitiger Vorlegung und Anerkennung ihrer Vollmachten,
über die Verfassung des deutschen Bundes verständigt.
Sie sind ferner darüber einverstanden, daß diese Verfassung vorbehaltlich der
weiter unten zu erwähnenden Maßgaben mit dem 1. Januar 1871 in Wirksamkeit
treten soll, und ertheilen sich deßhalb gegenseitig die Zusage, daß sie unverzüglich den
gesetzgebenden Factoren des norddeutschen Bundes, beziehungsweise Badens und Hessens
zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorgelegt und nach Ertheilung dieser Zustim-
mung im Laufe des Monats December ratificirt werden soll. Der Austausch der
Natifications-Erklärungen soll in Berlin erfolgen.
In Betracht der großen Schwierigkeiten, welche theils die vorgerückte Zeit, theils
die Fortdauer des Krieges, theils endlich die in einigen betheiligten Staaten bereits
erfolgte Regulirung des Landesbudgets der Aufstellung eines Etats für die Militär-
verwaltung des deutschen Bundes für das Jahr 1871 entgegenstellen, ist man über-
eingekommen, daß die Gemeinschaft der Ausgaben für das Landheer erst mit dem
1. Januar 1872 beginnen soll. Bis zu diesem Tage wird daher der Ertrag der im
Art. 35 bezeichneten gemeinschaftlichen Abgaben nicht zur Bundeskasse fließen, sondern
den Staatskassen Badens und Hessens, letzterer rücksichtlich des auf Südhessen fallen-
den Antheils, verbleiben, und es wird der Beitrag dieser Staaten zu den Bundes-
ausgaben durch Matricularbeiträge aufgebracht werden, wegen deren Feststellung dem
im nächsten Jahre zu berufenden Reichstage eine Vorlage gemacht werden wird.