242 Anhang von Actenstücken zur deutschen Verfaffunsssfrage.
5.
Vertrag zwischen dem norddeutschen Bunde und Bayern
über die Gründung eines deutschen Bundes d. d. Versailles
23. November 1870.
Se. Majestät der König von Preußen im Namen des norddeutschen Bundes
und Se. Mojestät der König von Bayern haben in der Aobsicht, die Sicherheit des
deutschen Gebietes zu gewährleisten, dem deutschen Rechte eine gedeihliche Entwicklung
zu sichern und die Wohlfahrt des deutschen Volkes zu pflegen, beschlossen, über Grün-
dung eines deutschen Bundes Verhandlungen zu eröffnen und zu diesem Behufe zu
Bevollmächtigten ernannt: Se. Maj. der König von Preußen, im Namen des nord-
deutschen Bundes: den Kanzler „des norddeutschen Bundes, Allerhöchstihren Präsidenten
des Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen
Otto v. Bismarck-Schönhausen, und Allerhöchstihren Kriegs= und Marineminister,
General der Infanterie, Alb. v. Roon; Se. Maj. der König von Bayern; Aller-
höchstihren Staatsminister des k. Hauses und des Aeußern, Grafen Otto v. Bray-
Steinburg, Allerhöchstihren Kriegsminister, Generallieutenant Sigmund Frhrn.
v. Pranckh, und Allerhöchstihren Staatsminister der Justiz Joh. v. Lutz. Diese Bevoll-
mächtigten sind in Versailles zusammengetreten, haben ihre Vollmachten ausgetauscht
und haben sich, nachdem diese letzteren in guter Ordnung befunden waren, über
nachfolgende Vertragsbestimmungen geeinigt: I. Die Staaten des norddeutschen Bun-
des und das Königreich Bayern schließen einen ewigen Bund, welchem das Groß-
herzogthum Baden und das Großherzogthum Hessen für dessen südlich vom Main
belegenes Staatsgebiet schon beigetreten sind, und zu welchem der Beitritt des Königreichs
Württemberg in Aussicht steht. Dieser Bund heißt der deutsche Bund. II. Die
Verfassung des deutschen Bundes ist die des bisherigen norddeutschen Bundes, jedoch
mit folgenden Abänderungen: § 1. Der Art. 1 der norddeutschen Bundesverfassung
wird künftig lauten, wie folgt: Das Bundesgebiet besteht aus den Staaten Preußen
mit Lauenburg, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Mecklenburg-Schwe-
rin, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-
Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rudol-
stadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck, Neuß älterer Linie, Reuß jüngerer
Linie, Schaumburg-Lippe, Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg. § 2. Zu Art. 4.
(Bundesgesetzblatt) wird folgender Zusatz vereinbart: Ziff. 16. Die Bestimmungen über
die Presse und das Vereinswesen. § 3. Das zweite Alinea des Art. 5 lautet künftig
wie folgt: Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegsmarine und die
im Art. 35 bezeichneten Abgaben gibt, wenn im Bundesrathe eine Meinungsverschie-
denheit stattfindst, die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die
Aufrechthaltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht. § 4. Art. 6 erhält fol-
gende Fassung: Der Bundesrath besteht aus den Vertretern der Mitglieder des Bun-
des, unter welchen die Stimmführung sich in der Weise vertheilt, daß Preußen mit
den ehemaligen Stimmen von Hannover, Churhessen, Holstein, Nassau und Frankfurt
17 Stimmen führt, Bayern 6, Sachsen 4, Württemberg 4, Baden 3, Hessen 3,
Mecklenburg-Schwerin 2, Sachsen-Weimar 1, Mecklenburg-Strelitz 1, Oldenburg 1,
Braunschweig 2, Sachsen-Meiningen 1, Sachsen-Altenburg 1, Sachsen-Coburg-Gotha
1, Anhalt 1, Schwarzburg-Rudolstadt 1, Schwarzburg-Sondershausen 1, Waldeck 1,
Reuß älterer Linie 1, Reuß jüngerer Linie 1, Schaumburg-Lippe 1, Lippe 1, Lübeck
1, Bremen 1, Hamburg 1, in Summa 58 Stimmen. Jedes Mitglied des Bundes
kann soviel Bevollmächtigte zum Bundesrath ernennen, wie es Stimmen hat, doch
kann die Gesammtheit der zuständigen Stimmen nur einheitlich abgegeben werden.
§ 5. An die Stelle des Art. 7 tritt folgende Bestimmung: Der Bundesrath be-
schließt: 1) über die dem Reichstage zu machenden Vorlagen und die von demselben
gefaßten Beschlüsse; 2) über die zur Ausführung der Bundesgesetze erforderlichen all-
gemeinen Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen, sofern nicht in dem Gesetze selbst