Anhang von Ackenstücken zur deutschen Verfassungsfrage. 247
Die Art. 61—68 finden auf Bayern keine Anwendung. An deren Stelle treten fol-
gende Bestimmungen: I. Bayern behält zunächst seine Militärgesetzgebung nebst den
dazu gehörigen Vollzugsinstruktionen, Verordnungen, Erläuterungen 2c. bis zur ver-
fassungsmäßigen Beschlußfassung über die der Bundesgesetzgebung anheimfallenden
Materien, resp. bis zur freien Verständigung bezüglich der Einführung der bereits
vor dem Eintritte Bayerns in den Bund in dieser Hinsicht erlassenen Gesetze und son-
stigen Bestimmungen. II. Bayern verpflichtet sich, für sein Kontingent und die zu
demselben gehörigen Einrichtungen einen gleichen Geldbetrag zu verwenden, wie nach
Verhältniß der Kopfstärke durch den Militäretat des deutschen Bundes für die übri-
gen Teile des Bundesheeres ausgesetzt wird. Dieser Geldbetrag wird im Bundes-
budget für das k. bayer. Kontingent in einer Summe ausgeworfen. Seine Veraus-
gabung wird durch Spezialetats geregelt, deren Aufstellung Bayern überlassen bleibt.
Hierfür werden im Allgemeinen diejenigen Etatsansätze nach Verhältniß zur Richt-
schnur dienen, welche für das übrige! Bundesheer in den einzelnen Titeln ausgeworfen
sind. III. Das bayer. Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandtheil des deutschen
Bundesheeres mit selbständiger Verwaltung, unter der Militärhoheit Sr. Maj. des
Königs von Bayern; im Kriege — und zwar mit Beginn der Mobilisierung —
unter dem Befehle des Bundesfeldherrn. In Bezug auf Organisation, Formation,
Ausbildung und Gebühren, dann hinsichtlich der Mobilmachung wird Bayern volle
Übereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen herstellen. Be-
züglich der Bewaffnung und Ausrüstung, sowie der Gradabzeichen behält sich die k
bayer. Regierung die Herstellung der vollen Übereinstimmung mit dem Bundesheer
vor. Der Bundesfeldherr hat die Pflicht und das Recht, sich durch Inspektionen von
der Übereinstimmung in Organisation, Formation und Ausbildung, sowie von der
Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit des bayerischen Kontingents Überzeugung zu ver-
schaffen und wird sich über die Modalitäten der jeweiligen Vornahme und über das
Ergebniss dieser Inspektionen mit Sr. Maj. dem Könige von Bayern ins Vernehmen
setzen. Die Anordnung der Kriegsbereitschaft (Mobilisirung) des bayer. Kontingents
oder eines Teiles desselben erfolgt auf Veranlassung des Bundesfeldherrn durch Se.
Maj. den König von Bayern. Zur steten gegenseitigen Information in den durch
diese Vereinbarung geschaffenen militärischen Beziehungen erhalten die Militärbevoll-
mächtigten in Berlin und München über die einschlägigen Anordnungen entsprechende
Mitteilung durch die resp. Kriegsministerien. IV. Im Kriege sind die bayerischen
Truppen verpflichtet, den Befehlen des Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leisten.
Diese Verpflichtung wird in den Fahneneid aufgenommen. V. Die Anlage von
neuen Befestigungen auf bayer. Gebiete im Interesse der gesamtdeutschen Vertei-
grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Verteilung der Lasten sich in
natura nicht herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, ist die
Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung
festzustellen. Art. 59. Jeder wehrfähige Norddeutsche gehört sieben Jahre
lang, in der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre,
dem stehenden Heere — und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen, die
letzten vier Jahre in der Reserve — und die folgenden fünf Lebensjahre der
Landwehr an. In denjenigen Bundesstaaten, in denen bisher eine längere,
als zwölfjährige Gesamtdienstzeit gesetzlich war, findet die allmählige Herab-
setzung der Verpflichtung nur in dem Maße statt, als dies die Rücksicht auf
die Kriegsbereitschaft des Bundesheeres zuläßt. In Bezug auf die Auswan-
derung der Reservisten sollen lediglich diejenigen Bestimmungen maßgebend
sein, welche für die Auswanderung der Landwehrmänner gelten. Art. 60.
Die Friedens-Präsenzstärke des Bundesheeres wird bis zum 31. Dezember
1871 auf ein Prozent der Bevölkerung von 1867 normiert, und wird pro
rata derselben von den einzelnen Bundesstaaten gestellt. Für die spätere
Zeit wird die Friedens-Präsenzstärke des Heeres im Wege der Bundesgesetz-
gebung festgestellt.