Anhang von Aktenstücken zur deutschen Verfassungsfrage. 251
Art. 2. Die Maßgaben, unter welchen die Verfassung des deutschen Bundes
auf Württemberg Anwendung finden, sind folgende: 1) Zu Art. 6 der Verfassung.
Im Bundesrate führt Württemberg vier Stimmen, und es beträgt daher die Ge-
samtzahl der Stimmen im Bundesrat 52. 2) Zu Art. 20 der Verfassung. In
Württemberg werden bis zu der im § 5 des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 vor-
behaltenen gesetzlichen Regelung 17 Abgeordnete gewählt, und es beträgt daher die
Gesamtzahl der Abgeordneten 334. 3) Zu den Art. 35 und 38 der Verfassung.
Die im letzten Absatze der vorgenannten Artikel in Beziehung auf Baden getroffene
Bestimmung findet auch auf Württemberg Anwendung. 4) Zum VIII. Abschnitte
der Verfassung. An Stelle der im VIII. Abschnitt der Verfassung enthaltenen gelten
für Württemberg folgende Bestimmungen: Dem Bund ausschließlich steht die Gesetz-
gebung über die Vorrechte der Post und Telegraphie, über die rechtlichen Verhältnisse
beider Anstalten zum Publikum, über die Portofreiheiten und das Posttaxwesen, je-
doch ausschließlich der reglementarischen und Tarifbestimmungen für den internen Ver-
kehr innerhalb Württembergs, sowie unter gleicher Beschränkung die Feststellung der
Gebühren für die telegraphische Korrespondenz zu. Ebenso steht dem Bunde die Re-
gelung des Post= und Telegraphenverkehrs mit dem Auslande zu, ausgenommen den
eigenen unmittelbaren Verkehr Württembergs mit seinen dem deutschen Bunde nicht
angehörenden Nachbarstaaten, wegen dessen Regelung es bei der Bestimmung im
Art. 49 des Postvertrags vom 23. Nov. 1867 bewendet. An den zur Bundeskasse
fließenden Einnahmen des Post= und Telegraphenwesens hat Württemberg keinen
Teil. 5) Zum XI. Abschnitt der Verfassung. In Württemberg kommen die im
XI. Abschnitt der Verfassung enthaltenen Vorschriften nach näherer Bestimmung der
Militärkonvention vom 21. bis 25. Nov. 1870 in Anwendung. 6) Zum IArt. 80
der Verfassung. Die Einführung der nachstehend genannten Gesetze des norddeutschen
Bundes als Bundesgesetze erfolgt für Württemberg, statt von den im Art. 80 fest-
gesetzten, von den nachstehend genannten Zeitpunkten an, nämlich: I. vom 1. Juli 1871
an: 1) des Gesetzes, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen, vom 14. Nov. 1867, 2) des
Gesetzes, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofs für Handelssachen, vom
12. Juni 1869; II. vom 1. Jan. 1872 an: 1) des Gesetzes, betreffend die Beschlag-
nahme des Arbeits= oder Dienstlohns, vom 21. Juni 1869, 2) des Gesetzes über die
Ausgabe von Papiergeld, vom 16. Juni 1870.
Die Einführung des Gesetzes, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend, vom
7. April 1869, als Bundesgesetz bleibt für Württemberg der Bundesgesetzgebung vor-
behalten. Dasselbe gilt mit der aus der vorstehenden Bestimmung unter Nr. 4 sich
ergebenden Beschränkung von den im Art. 80 unter II Nr. 4 genannten auf das
Post= und Telegraphenwesen bezüglichen Gesetzen. ·
Das Gesetz, betreffend die Schließung und Beschränkung der öffentlichen Spiel-
banken, vom 1. Juli 1868, wird in Württemberg, vom Tage der Wirksamkeit der
Bundesverwaltung an, als Bundesgesetz eingeführt.
Art. 3. Der gegenwärtige Vertrag soll unverzüglich den gesetzgebenden Fak-
toren des norddeutschen Bundes, Badens und Hessens, beziehungsweise Württembergs,
zur verfassungsmäßigen Zustimmung vorgelegt und, nach Erteilung dieser Zustim-
mung, ratifiziert werden.
Der Austausch der Ratifikationsurkunden soll im Lauf des Monats Dezember
d. J. in Berlin erfolgen.
So geschehen Berlin, den 25. Nov. 1870.
v. Friesen. v. Freydorff. Hofmann. Mittnacht.
(L. S.) L. S. (L. S.) (L. S.)
Delbrück. Türckheim. v. Suckow.
(L. S.) (L. S.) (L. S.)
II.
Verhandelt Berlin, den 25. Nov. 1870.
Bei Unterzeichnung des am heutigen Tage über den Beitritt Württembergs
zu der zwischen dem norddeutschen Bunde, Baden und Hessen vereinbarten Verfassung