Oesterreich-Angarn. 261
Niemand würde lebhafter als wir es bedauern, der Kirche feindselige Leiden-
schaften erwachen zu sehen — Leidenschaften, die einem solchen Conflicte
Dimensionen von furchtbarer Bedenklichkeit geben würden. Und
doch könnten wir vor der Erfüllung einer gebieterischen Pflicht nicht
zurückweichen, und eine solche Pflicht ist: den Gesetzen des Staates den Respect
zu sichern, den jeder Staatsbürger ohne Ausnahme und unter allen
Umstän den ihnen schuldet. Die k. und k. Regierung wird sich demnach das
Recht wahren müssen (je nachdem der Text hiezu auffordert), die Publication
eines jeden Aktenstückes zu verbieten, das die Majestät des Gesetzes verletzt,
und jede Person, die ein solches Verbot verletzt, wäre vor der Justiz des
Staates für ihre Haltung verantwortlich.
„Unser Gewissen befiehlt uns, forthin an berechtigter Stelle die ernsten,
aber unausbleiblichen Folgen auseinanderzusetzen, welche die im Concil erfol-
gende Adoption von Decreten, ähnlich denen, auf welche ich die Auf-
merksamkeit lenke, haben müßte. Man soll uns nicht eines Tages im
Lande oder in Nom vorwerfen können, daß wir durch unser Stillschweigen
zu Entscheidungen ermuthigt hätten, welche im Stande sind, die tiefste Erre-
gung in die Beziehungen zwischen Staat und Kirche zu schleudern. Indem
wir endlich unsere feste Hoffnung wiederholen, die Weisheit der in Rom ver-
einigten Prälaten werde von selbst die evidenten Gefahren vermeiden, müssen
wir die entgegengesetzte Eventualität ins Auge fassen und einen Akt der Loya-
lität vollbringen, indem wir die Haltung nicht verschweigen, welche wir in sol-
chem Falle einnehmen werden. Wollen Sie mit aller Reserve und mit dem
unter so delicaten Umständen nöthigen Tact dem Cardinal-Staatssecretär ver-
traulicherweise die Gesichtspunkte der k. und k. Regierung auseinandersetzen,
ihm die grundsätzliche Zustimmung mittheilen, von welcher Se. k. k. aposto-
lische Majestät nicht lassen werde, und endlich Se. Eminenz bitten, dem heil.
Vater nicht die Ansichten zu verschweigen, mit deren Darlegung Ew. Exc. be-
traut sind.“
10.P Febr. (Ungarn). Der Minister des Innern, Rajner, sistirt im
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siebenbürgischen Sachsenlande auf Grund des octroyirten Statuts die
Beamtenwahlen nach bisheriger Gepflogenheit.
„ (Oesterreich). Minister Giskra beruft eine freie Conferenz
einer Anzahl Mitglieder des Abgeordnetenhauses, um sich mit ihnen
über die beabsichtigte Wahlreform für den Reichsrath zu verständigen,
und erläßt gleichzeitig Einladungen an einige Czechen führer, um
sich mit ihnen über die Grundlagen eines möglichen Ausgleichs zu
benehmen.
„ Unterhandlungen zwischen den Ministerien der beiden Reichshälf-
ten bez. der Militärgrenze zerschlagen sich vorerst.
vy (Oesterreich: Böhmen). Der Stadtrath von Prag, der als
Demonstration fünfmal nach einander sog. Declaranten zum Bürger-
meister gewählt hatte, denen die kaiserliche Bestätigung jedesmal ver-
sagt worden war, gibt endlich nach und wählt einen Nichtdeclaran=
ten, der sofort bestätigt wird.
„ (Oesterreich: Böhmen). Die Czechenführer Rieger und Slad-
kowsky lehnen die Einladung des Ministers Giskra zu Ausgleichs-
conferenzen durch Schreiben an den Statthalter von Böhmen ab.
Anf. März. Besuch des Erzherzogs Albrecht in Paris, wo ihm die