22 Allgemeine Chronik.
22. Aug. (Frankreich). Die Regierung läßt in aller Eile Paris verproviantiren.
Der Minister Cl. Duvernois entwickelt dafür große Thätigkeit.
23. „ (Italien). Prinz Napoleon ist in Florenz umsonst bemüht, Italien zur
Hilfsleistung für Frankreich zu bewegen.
„ „ (Stalien). Die Linke der II. Kammer übt auf die Regierung allen ihr
möglichen Druck aus, um sie zu einer gewaltsamen Lösung der römischen Frage
zu bewegen. Die Regierung temporisirt, rüstet aber inzwischen immer wei-
ter fort.
25. „ (Deutsch-franz. Krieg). Mac Mahon wird von Paris aus gezwungen,
einen gehofften Ausbruch Bazaine's aus Metz zu unterstützen und wendet sich
daher mit seiner Armee nach Sedan, statt nach Paris. "
„ „. (Frankreich). Die besitzenden Klassen verlassen Paris massenhaft; ebenso
massenhaft flüchtet die Umgegend nach Paris hinein.
„ „ (Deutschland). Eine Anzahl der hervorragendsten und gelehrtesten Katho-
liken einigen sich in einer Zusammenkunst in Nürnberg über eine Erklärung
gegen das in Rom beschlossene Unfehlbarkeitsdogma und verlangen „ein wirk-
lich-freies und daher nicht in Italien, sondern diesseits der Alpen abzuhalten-
des öcumenisches Concil.“
„ „ (Rom). Unter den päpstlichen Soldtruppen bricht Unordnung und Meuterei
aus. Die liberalen Elemente in der Stadt treten wieder keck hervor.
„ „ (Frankreich). Der gesetzgeb. Körper setzt es endlich durch, der Regierung
wenigstens einen Kriegsrath beizugeben, dem auch Thiers angehört.
27. „ (DOeutsch-franz. Krieg). Die deutschen Armeen machen auf ihrem Marsche
auf Paris eine Schwenkung, um Mac Mahon sowohl von Metz, als von
Paris abzuschneiden. .
„ „ (Holland). Die Regierung legt den Kammern einen umfassenden Plan
für die Reorganisation der Landesvertheidigung vor.
28. „ (Frankreich). General Trochu, der Gouverneur von Paris, befiehlt die
vollständige Austreibung aller noch in Paris befindlichen Deutschen binnen
drei Tagen.
29. „ (Italien). Eine Circulardepesche des Ministers Visconti-Venosta zeigt den
Mächten an, daß Italien zu entscheidenden Schritten in der römischen Frage
gezwungen sein könnte.
30. „ (Deutsch-franz. Krieg). Erster Schlachttag bei Sedan — Schlacht bei
Beaumont. Die Franzosen werden über die Maas gedrängt und von Bazaine
und Metz abgeschnitten.
„ „ (Nordd. Bund). Eine durch Oberbürgermeister v. Seydel, v. Unruh und
Löwe-Calbe berufene Versammlung in Berlin beschließt einen Aufruf an das
deutsche Volk behufs einer Adresse an König Wilhelm für Herstellung eines
„einigen Reichs und geschützter Grenzen“.
„ „ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). In dem Landtage von Böhmen
fühlen sich die mit den Feudalen verbündeten Czechen Herren der Lage, wie in
Krain die Slovenen, in. Galizien die Polen, in Dalmatien die Croaten, in
Tyrol und in Vorarlberg die Clerikalen.
„ „ (Portugal). Der König entläßt Saldanha und bildet ein Coalitions=
ministerium aus allen Parteien unter dem Vorsitze von Sa da Bandeira.
31. „ (Deutsch-franz. Krieg). Zweiter Schlachttag bei Sedan. Die Deutschen
gehen über die Maas und drängen die ganze franz. Armee unter Mac Mahon
mit sammt dem Kaiser um Sedan zusammen.
„ „ (ODeutsch-franz. Krieg). Bazaine sucht umsonst aus Metz auszubrechen
und wird durch die Schlacht bei Noisseville in die Festung Mectz zurückgeworfen.
„ (Deutschland). Conferenz der Mehrzahl der deutschen Bischöfe in Fulda,
sowohl der bisherigen Anhänger, als der bisherigen Gegner des Infallibilitäls-
dogmas. Dieselbe beschließt, sich demselben zu unterwerfen und erläßt einen
Hirtenbrief an die Gläubigen gegen die widerstrebenden Elemente, die nun
gleichfalls zur Unterwerfung gezwungen werden sollen.
—