Oesterreich-Ilngarn. 299
— Oct. (Oester reich). Vielfache Eidesverweigerung von Seite ein—
berufener Landwehrmänner in Böhmen und anderen slavischen
Gegenden.
In den deutschen Provinzen fassen zahlreiche Vereine Resolu—
tionen für einen innigen Anschluß Oesterreichs an das wieder ge-
einigte Deutschland.
7. Nov. (Oesterreich: Böhmen). Das Resultat der directen Reichs-
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rathswahlen ergibt 24 Mitglieder der Verfassungspartei (7 aus
dem Großgrundbesitz, 6 aus den Landgemeinden, 7 aus den Städten
und 4 von den Handelskammern) gegen 36 Feudale und Decla-
ranten, die ihrerseits von ihrem Mandate keinen Gebrauch machen
und nicht in den Reichsrath nach Wien gehen, in welchem daher
die deutsche Verfassungspartei durch den Zutritt ihrer Gesinnungs-
genossen aus Deutsch-Böhmen die Majorität erhält.
„ (Oesterreich). Wiederzusammentritt des Reichsraths. Das
Abg.Haus wählt nunmehr sofort die beschlossene Adreßcommission,
dieselbe wird aus 12 Anhängern der Verfassung und 3 Polen zu-
sammengesetzt.
„ (Oesterreich). Reichsrath, Herrenhaus: Zusammentritt der
Adreßcommission. Scharfe Angriffe auf das Ministerium. Graf
Anton Auersperg wird einstimmig zum Berichterstatter gewählt.
In der Debatte gibt Graf Potocki die Erklärung ab: daß in Sachen der
Ernennung specieller Minister für einzelne Länder allerdings mit verschiedenen
Persönlichkeiten Verhandlungen stattgefunden, daß aber, weil die Betreffenden
ganz unannehmbare Forderungen gestellt, diese Verhandlungen sich zerschlagen
hätten, und daß das Ministerium entschlossen sei, die Angelegenheit nur im
Wege des Reichsraths zum Austrag zu bringen.
„ Diie Uebergabe der russischen Depesche vom 31. October bezüg-
lich der Pontusfrage erregt in Wien und noch mehr in Pesth
augenblicklich einen Sturm der Entrüstung von Seite der öffentlichen
Meinung, gleichwie in England, der momentan der Situation ein
sehr kriegerisches Aussehen verleiht.
„ (Ungarny). Der Katholikencongreß in Pesth setzt ein Comité
von 27 Mitgliedern und dieses wieder ein Subcomité nieder, um
den Wirkungskreis der Autonomie festzustellen.
Beschlüsse des Congresses werden dadurch in ziemliche Ferne gerückt, da
das Comité dem Congreß gewissermaßen die Punkte bezeichnen soll, über die
es berathen und Beschlüsse fassen möge. Das Interesse der Laienwelt an der
Ungelegenheit ist stark im Sinken, und es bleibt nachgerade kaum viel mehr
übrig, als das Bestreben des hohen Clerus, die Kirche so viel als möglich
vom Staate frei zu machen.
„ Die Antwort des Reichskanzlers Beust auf die russische Depesche
vom 31. October bez. der Pontusfrage unterzieht die Form des
Begehrens Rußlands einer sehr scharfen Kritik, deutet jedoch gleich
England die Bereitwilligkeit an, den Wünschen Nußlands in der