Allgemeine Chronik. 23
1. Sept. (Deutsch-efranz. Krieg). Dritter Schlachttag bei Sedan. Die Fran-
n
11.
zosen sind völlig umzingelt und versuchen umsonst den Ring zu durchbrechen,
werden vielmehr in die Festung hineingedrängt. Der Kaiser läßt die weiße
Fahne ausstecken.
„ (Deutsch-kranz. Krieg). Bazaine macht noch einen Versuch, aus Metz
auszubrechen, aber mit nicht besserem Erfolge als am Tage zuvor.
„ (Deutschland). Der nordd. Bundesgesandte in London beschwert sich sehr
einläßlich über die Art und Weise, wie die Neutralität von England praktisch
gehandhabt wird, zum Nachtheile Deutschlands und zum entschiedenen Vortheile
Frankreichs.
„ (Deutschland — Süddeutschland). In Bayern und Mürttemberg ent-
wickelt sich eine sehr lebhafte Agitation für Anschluß Süddeutschlands an den
nordd. Bund.
„ (Deutsch-kranz Krieg). Die ganze Armee Mac Mahon's mit sammt dem
Kaiser ergibt sich in Kriegsgefangenschaft. Zusammenkunft des Kaisers mit
Bismarck und mit dem König von Preußen; er wird als Gefangener nach
Wilhelmshöhe bei Kassel geleitet.
„ (Frankreich). Palikao gesteht dem gesetzgeb. Körper erst nur theilweise,
endlich vollständig die Katastrophe von Sedan ein. Favre verlangt die Ab-
setzung des Kaisers und schlägt die Einsetzung einer Regierungscommission aus
der Mitte der Kammer vor. Zusammenrottungen in den Straßen werden
vom Militär auseinander gesprengt.
„ (Deutschland). Die Bischöfe fangen bereits an, gegen die Gegner des In-
fallibilitäts-Dogma's zwangsweise vorzugehen.
„ (Deutsch-franz. Krieg). Die deutschen Armeen haben den Marsch auf
Paris bereits wieder angetreten.
„ (Frankreich). Das napoleonische NRegiment bricht in Folge der Katastrophe
von Sedan zusammen. Der gesetzgeb. Körper wird in Paris von Volksmassen
gesprengt. Die Kaiserin flieht. Die Pariser Deputirten constituiren sich als
„Regierung der nationalen Vertheidigung“. Das ganze Land folgt nochmals
dem Impuls von Paris. «
„ (Frankreich). J. Favre kündigt durch eine Cireulardepesche allen Mächten
die energische Fortsetzung des Krieges an und erklärt, die neue Regierung
werde „nicht einen Zollbreit des Nationalgebiets, nicht einen Stein von seinen
Festungen" abtreten.
„ (Italien). Die Regierung entscheidet sich in Folge der Katastrophe von
Sedan principiell für die Besetzung Roms.
„ (Italien). Eine Circulardepesche Visconti-Venosta's zeigt den Mächten an,
daß die Regierung in dem ihr passend scheinenden Momente die nothwendigen
Punkte des Kirchenstaats besetzen werde im gemeinsamen Interesse des Papstes
und Italiens.
„ (Deutsch franz. Krieg). Die franz. Flotte, die ihre Operationen gegen
Deutschland in der Nord= und Ostsee darauf hatte beschränken müssen, deutsche
Handelsschiffe abzufangen, wird zurückberufen.
„ (Frankreich). Die Regierung der nationalen Vertheidigung ordnet die
Wahl einer constituirenden Nationalversammlung für ganz Frankreich auf
den 16. Oct. an. Z
„ (Oesterreich-Ungarn) rüstet entschieden wieder ab. Die Kriegspartei hat
keinerlei Aussicht mehr, durchzudringen.
q„ (Italien). Der König schickt den Grafen Ponza di San Martino behufs
Unterhandlungen nach Rom und richtet selber ein Schreiben an den Paypst.
„ (Frankreich). Paris rüstet sich zur Vertheidigung: die Nationalgarden
beginnen ihren Dienst, Mobilgarden treffen zahlreich aus den Provinzen ein.
„ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Die croatische Majorität des Land-
tags von Dalmatien beschließt, den Kaiser in einer Adresse um Wiederverei-
nigung des Landes mit Croatien zu bitten.