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Oesterreich-Ungarn.
Die dritte Abtheilung des vom Kriegsminister vorgelegten Budgets enthält
ein Erforderniß von mehr als 60 Mill., und zerlegt sich in folgende Posten:
als Nachtragscredite zur Deckung der Defizite der Jahre 1868—1870 wer-
den verlangt 6,015,140 fl., als Mehraufwand aus Anlaß der Unruhen in
Süd-Dalmatien sind eingestellt 4,019,770 fl., für die diesjährigen Rüstungen,
und zwar für die Erhöhung des Mannschafts= und Pferdestandes von August
bis Ende Dezember 6,322,524 fl., für Pferdeankauf (6 Mill.) und verschie-
dene Ausrüstungen des Fuhrwesens, der Feldeisenbahnabtheilungen, des
Sanitätscorps, für Anschaffung von Proviant und Ergänzung des eisernen
Bestands an Montur= und Rüstungssorten, zusammen 12,790,000 fl.; schließ-
lich als Erforderniß für einmalige Ausgaben zur Steigerung der Wehrkraft
— Anschaffungen von Festungsgeschütz, Festungsbauten, Herbeischaffung eines
Reservevorraths an Montur= und Rüstungssorten — 31,960,339 fl. Die
aufgezählten Posten betragen zusammen 60,407,833 fl.
Die Anforderungen von Seite des gemeinsamen Haushalts betragen zu-
sammen 148,650,711 fl., für Oesterreich daher 104, für Ungarn 44 Mill.,
so daß das Defizit dort 80, hier 34 Mill., zusammen 114 Millionen, betra-
gen würde. «
28. Nov. Oesterr. Delegation: Der vorbeschiedene cisleithanische Finanz=
minister v. Holzgethan entwickelt die Finanzlage der diesseitigen
Reichshälfte
in Folge des vorgelegten gemeinsamen Budgeks, wofern dasselbe angenom-
men werden sollte. Für diesen Fall constatirt er ein Defizit für 1871 im
Betrage von 80 Mill., die er jedoch auf 20 Mill. herabmindern zu können
hofft. Es wird ihm jedoch nachgewiesen, daß dies nur möglich wäre, wenn
Ende 1871 der dannzumal fällige Januarcoupon unbedeckt bliebe, was un-
möglich sei, sodaß das reelle Defizit auf wenigstens 42 Mill. angesetzt werden
müßte, wo nicht, wie wahrscheinlich, bedeutend höher. «
5. Dez. Zwischen Oesterreich und Deutschland resp. Preußen bahnt sich
eine entschiedene Annäherung und Verständigung an. Depesche des
Reichskanzlers an den Gesandten in Berlin. · ;·-,«
Es wird darin erwähnt, daß der k. preuß. Gesandte in Wien den Grafen
Beust „schon vor einiger Zeit“ auf eine Mittheilung vorbereitet habe, welche
er in Bezug auf die künftige Gestaltung Deutschlands binnen Kurzem an die
k. u. k. Regierung zu richten, und mit der Versicherung des Wunsches und
der Hoffnung zu begleiten haben werde: „daß das Verhältniß des neugestal-
teten Deutschlands zur österreichisch-ungarischen Monarchie ganz jenen Charak-
ter aufrichtiger und dauerhafter Freundschaft an sich tragen werde, der den
Gesinnungen Preußens nicht weniger als den Erinnerungen an die deutsche
Vergangenheit entspreche.“ Graf Beust gab Hrn. v. Schweinitz hierauf zu er-
kennen, „daß die Regierung Oesterreich-Ungarns die angekündigte Mittheilung
so günstig aufnehmen werde, wie es von Seite Preußens nur immer gewünscht
werden könne.“ Man beabsichtige der „Logik der mächtigen Ereignisse“ nicht
das Recht des Prager Friedensvertrags entgegenzustellen, und werde des ge-
schichtlichen Verbandes mit Deutschland „nur gedenken, um es auch in seiner
neuen Gestalt mit unsern besten Wünschen zu begleiten, und jede Gelegenheit
zur Verständigung mit ihm in herzlicher Bereitwilligkeit ergreifen.“" Aus
einer weitern Aeußerung des preußischen Gesandten glaubte Graf Beust die
Absicht Preußens vermuthen zu müssen, die Urkunden selbst, auf welchen der
neue Bund beruhen wird, zum Gegenstand der vorbehaltenen Mittheilung zu
machen, und erklärt dem gegenüber: da Oesterreich den Anspruch auf Prü-
fung der neuen Bundesverträge nicht erhebe, werde eine solche Mittheilung