Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

316 
Spanien. . 
Abgeordneten, die Fortdauer des Interims für ein großes Uebel. Aber ob 
sie gleich nicht die Mittel in Händen hat, aus dieser bedauerlichen. Lage her- 
auszukommen, theilt sie doch nicht die Befürchtungen vor Gefahren, die der 
Freiheit und der Gesellschaft aus einer einstweiligen Fortdauer des Interims 
erwachsen könnten.“" 
24. Juni. Die Cortes lehnen mit 78 gegen 48 Stimmen eine sofortige 
25. 
Abschaffung der Sclaverei in den Colonien ab und nehmen ein 
Gesetz an, das ihre allmählige Abschaffung anbahnen soll, und ver- 
tagen sich hierauf bis zum 31. Oct. 
„ Die Ex-Königin Isabella dankt in Paris zu Gunsten ihres 
Sohnes Alphons ab und erläßt darüber ein Manifest an die Spa- 
nier, das jedoch in Spanien gar keinen Eindruck macht. 
1. Juli. Die Frage eines annehmbaren Candidaten für den Thron 
scheint endlich gelöst zu sein. Die durch ein Mitglied der unioni- 
stischen Partei, Eusebio v. Salazar y Mazarredo, im Auftrage Prims 
in Sigmaringen geführten Unterhandlungen mit dem Erhprinzen 
Leopold von Hohenzollern haben schließlich doch zum Ziele geführt, 
und der Prinz hat sich bereit erklärt, die spanische Krone anzuneh- 
men. Prim verschiebt seine Reise nach Vichy und kehrt von To- 
ledo nach Madrid zurück. 
„ Die Blätter der Regierungspartei verkünden die endlich gelun- 
gene Lösung der Thronfrage. 
Prim zeigt dem Gesandten in Paris, Olozaga, die Thatsache be- 
hufs Mittheilung an das franz. Gouvernement an. 
„ Der Ministerrath beschließt unter dem Vorsitze des Regenten ein- 
stimmig, die Candidatur Hohenzollern den Cortes vorzuschlagen und 
dieselben zu diesem Behufe auf den 20. ds. Mts. zu einer außer= 
ordentlichen Sitzung einzuberufen. 
„ Frankreich stellt sich überrascht von der Candidatur des Erb- 
prinzen von Hohenzollern; sein Minister des Auswärtigen erklärt 
im gesetzgebenden Körper, daß Frankreich diese Candidatur nicht 
dulden werde, und stellt ziemlich deutlich den Krieg gegen Preußen 
in Aussicht, wenn auf der Candidatur beharrt werden sollte. 
„ Der Minister des Auswärtigen, Sagasta, theilt durch Circular= 
depesche den Beschluß der spanischen Regierung allen Mächten mit: 
Die spanische Regierung hat sich bis auf diesen Tag bemüht, sich 
mit der öffentlichen Meinung und gleichzeitig mit dem Wohlergehen der Na- 
tion im Einklange zu erhalten. Wenn Prinz Leopold dazu gelangt, den spa- 
nischen Thron zu besteigen nach dem Votum der souveränen Cortes, so wird 
er constitutioneller König sein mit einer Verfassung, welche die demokratischste 
ist von allen, die in den mit liberalen Staatseinrichtungen versehenen Ländern 
bestehen. Seine Regierung wird mithin nicht entrathen können, wie jetzt, so 
auch in Folge den Eingebungen des öffentlichen Geistes zu gehorchen, der sich 
nicht ändern wird, weil ein Fremder die erste Beamtenstelle der Nation ein- 
nimmt. Von dem Augenblicke, wo er den Thron San Fernando's besteigt, 
wird er Spanier sein, und in dieser Eigenschaft das Werk der September-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.