Trankreich.
nebst ausführlichen Motiven und einer Uebersicht dieser eventuellen
Verfassung Frankreichs, so weit sie den Veränderungen durch die
gesetzgeb. Gewalt entrückt sein würde, vor.
Durch diese Vorlage wird die constituirende Gewalt, die bisher dem Senat
allein zustand, zerlegt: ein Theil davon geht in den Wirkungskreis der ordent-
lichen Gesetzgebung über und steht daher fortan dem Kaiser, dem gesetzgebenden
Körper und dem Senat zugleich zu; der andere Theil bleibt ausschließlich
dem Plebiscit vorbehalten. Das Plebiscit von 1851 stellte bekanntlich fol-
gende Punkte als constitutionelle Grundsätze hin: 1) ein auf zehn Jahre ge-
gewähltes verantwortliches Staatsoberhaupt, 2) Minister, die von der execu-
tiven Gewalt allein abhängig sind, 3) einen Staatsrath, welcher die Gesetze
vorzubereiten und vor der Kammer zu vertreten hat, 4) einen durch das
allgemeine Stimmrecht ernannten gesetzgebenden Körper, der die Gesetze zu
prüfen und zu votiren hat, und 5) eine zweite, aus allen Berühmtheiten des
Landes zusammengesetzte Versammlung, die über das Grundgesetz und die
öffentlichen Freiheiten zu wachen hat. Das Plebiscit vom 21. und 22. No-
vember 1852 veränderte Punkt 1, indem es die Kaiserwürde wieder herstellte.
Mit dieser Maßgabe bilden diese fünf Punkte fortan die Verfassung Frank-
reichs, an welchen nur durch ein Plebiscit gerührt werden kann, welches Ple-
biscit wiederum nur der Kaiser zu veranlassen das Recht hat. Alles Uebrige
geht in das Gebiet der Gesetzgebung über, die fortan dem Senat, dem Kaiser
und dem gesetzgeb. Körper zusteht. Das Recht, die Senatoren zu ernennen,
verbleibt beim Kaiser und wird sogar ausgedehnt; denn während der Senat
bisher nicht mehr als 150 Mitglieder zählen durfte, darf er jetzt die Zahl
von „ der Mitglieder des gesetzgeb. Körpers (d. h. gegenwärtig 180) erreichen;
nur darf der Kaiser nie mehr als 20 Senatoren in einem Jahre ernennen.
Der vielbesprochene Artikel 33, nach welchem der Senat im Fall einer Auf-
lösung des gesetzgeb. Körpers sechs Monate hindurch alle von dem Kaiser
vorgeschlagenen Dringlichkeitsmaßregeln beschließen darf, der Art. 57, betref-
send die Ernennung der Maires durch die Regierung, der Art. 27, betr. die
Colonien und Algerien, der Art. 52, welcher den Gehalt der Staatsräthe auf
25,000 Fres. festsetzt, werden abgeschafft; dem gesetzgeb. Körper wird das Recht,
Petitionen zu empfangen, wiedergegeben.
29. März. Gesetzgeb. Körper: Ferry beantragt die Erlassung cines Wahl-
gesetzes als nothwendige Voraussetzung eincr Auflösung der gegen-
wärtigen Kammer. Ollivier erklärt sich neuerdings entschieden gegen
die letztere Maßregel. Der Antrag wird mit 164 gegen 64 Stimmen
abgelehnt. Die Linke verlangt darauf eine Debatte über die con-
stituirende Gewalt. Ollivier fordert jedoch die Vertagung einer sol-
chen als Vertrauensvotum. Dieselbe wird auch wirklich mit 183
gegen 63 Stimmen zugestanden.
„ Nouher betreibt beim Kaiser die Idee, die neue Verfassung einem
Plebiscit zu unterwerfen, um auf diese Weise die Dynastie neuer-
dings durch das Volk sanctioniren zu lassen und zugleich den Prä-
rogativen des Kaisers neben resp. über dieser Verfassung eine neue
Befestigung zu gewähren. Das Ministerium verkennt nicht, daß
die Absicht keine andere ist, als dem neuen System eine Art Paroli
zu biegen.
1. April. Der Senat bestellt die Commission für Prüfung der neuen