Trankreich. 363
„Allerdings hat Marschall Prim dem Prinzen Leopold von Hohenzollern
die Krone Spaniens angeboten, und letzterer hat sie angenommen (Sensation),
aber das spanische Volk hat sich noch nicht ausgesprochen, und wir wissen auch
noch nichts von den wirklichen Einzelheiten einer Unterhandlung, die uns ver-
heimlicht wurde. (Bewegung.) Ein Discussion würde auch jetzt kein prak-
tisches Ergebniß haben. Wir bitten Sie, dieselbe zu vertagen. Wir haben
nicht aufgehört, der spanischen Nation unsere Sympathien zu bezeigen und
alles zu vermeiden, was den Schein hätte haben können, als wollten wir uns
irgendwie in die innern Angelegenheiten einer edlen und großen Nation ein-
mischen, die in voller Ausübung ihrer Souveränelät ist. In Bezug auf die
verschiedenen Kronprätendenten sind wir nicht aus der strengsten Neutralität
herausgegangen, und wir haben für keinen derselben jemals weder Vorliebe
noch Abneigung bezeigt. (Zustimmung.) Wir werden dieses Verfahren auch
ferner einhalten, aber wir glauben nicht, daß die Achtung vor den Rechten
eines Nachbarvolkes uns verpflichtet, zu dulden, daß eine fremde Macht einen
ihrer Prinzen auf den Thron Karls V. setze und dadurch zu unserm Schaden
das gegenwärtige Gleichgewicht der Mächte Europa's in Unordnung bringen
(stürmischer Beifall) und die Interessen und die Ehre Frankreichs ge-
fährden könnte (neuer Beifallssturm). Dieser Fall wird nicht eintreten;
dessen sind wir ganz gewiß. Damit er nicht eintrete, zählen wir zugleich auf
die Weisheit des deutschen und auf die Freundschaft des spanischen Volkes.
Sollte es anders kommen, so würden wir, stark durch Ihre Unter-
stützung und durch die der Nation, unsere Pflicht ohne Zaudern
und ohne Schwachheit zu erfüllen wissen.“ (Langanhaltender Beifall.)
Gleichzeitig wendct sich die Regierung an alle Mächte, daß sie
auf Preußen einwirken möchten, um es zum Verzicht auf diese Can-
didatur zu bewegen.
Juli. Der Botschafter am Berliner Hofe, Benedetti, begibt sich aus
dem Wildbad auf Befehl seiner Regierung nach Ems, um dircct
auf den König von Preußen einzuwirken, während die franz. Re-
gierung in demselben Sinne den preuß. Botschafter in Paris, Frhrn.
v. Werther, vor seiner Abreise nach Ems bestürmt.
„ Die officiöse Pariser Presse sucht in der spanischen Angelegenheit
Belgien hereinzuziehen, indem sie behauptet, der König von Belgien
habe namentlich seine Hand in der hohenzoller'schen Candidatur im
Spiele gehabt.
„ Die norddeutsche Bundesregierung erklärt ihren Vertretern bei
den deutschen Regierungen, daß sie dem Cntschlusse der spanischen
Regierung jederzeit vollkommen fern geblieben sei und noch sei.
„ Der Erbprinz v. Hohenzollern verzichtet auf die spanische Thron-
candidatur. Ollivier erklärt im ersten Augenblick überall in den
Couloirs der Kammer, daß damit die Differenz mit Preußen er-
ledigt sei.
Der Kaiser kommt von St. Cloud nach Paris herein. Minister-
rath: Die Ansichten sind getheilt: Ollivier und Segris sind dafür,
sich mit dem Verzicht des Prinzen von Hohenzollern zu begnügen,
erliegen aber der entgegengesetzten Anschauung Gramonts und Le-
boeufs. Der Kaiser scheint noch unentschlossen und zurückhalten zu
wollen.