Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

Trankreich. 383 
sen sind, bis zum letzten Mann auszuharren: sie schwören, würdig ihrer el- 
sässischen Brüder zu sein und zu sterben wie diese. Nach den Forts kommen 
die Wälle, nach den Wällen die Barrikaden! Paris kann sich drei Monate 
halten und siegen; wenn es unterläge, würde Frankreich auf seinen Appell 
bereit sein und es rächen. Dieses würde den Kampf fortsetzen und der An- 
greifer dabei zu Grunde gehen. Dies, mein Herr, ist es, was Europa wissen 
soll. Wir haben die Regierungsgewalt zu keinem anderen Zwecke angenom- 
men und würden sie keine Minute behalten, wenn wir die Bevölkerung von 
Paris und ganz Frankreich nicht entschlossen fänden, unsere Entschließungen 
zu theilen. Ich fasse dies mit Einem Worte zusammen. Vor Gott, der uns 
vernimmt, vor der Nachwelt, die über uns urtheilen wird, wir wollen nichts 
als den Frieden; wenn man aber gegen uns den verhängnißvollen Krieg fort- 
setzt, den wir verdammt haben, werden wir unsere Pflicht bis zur Neige thun, 
und ich habe das feste Vertrauen, daß unsere Sache, welche die des Rechtes 
und der Gerechtigkeit ist, schließlich triumphiren werde."“ 
6. Sept. Einige Glieder der Familie Orleans langen in Paris an, um 
10. 
12. 
an der nationalen Vertheidigung Theil zu nehmen, werden aber von 
der Regierung bewogen, das Land wieder zu verlassen. 
„ Der amerikanische Gesandte anerkennt sofert die wieder herge- 
stellte republikanische Ordnung der Dinge und tritt mit der neuen 
Regierung in offizielle Beziehungen. Der Gesandte der Schweiz 
folgt ihm, später auch Italien und, über die Instructionen seiner 
Regierung hinausgehend, der Gesandte Spaniens, Olozaga. Die 
Vertreter der übrigen Mächte treten auch ihrerseits mit der Regierung 
in offizielle Beziehungen, doch ohne förmliche Anerkennung derselben 
als einer legalen. 
„ Die Regierung der nationalen Vertheidigung ordnet die Wahl 
einer constituirenden Nationalversammlung für ganz Frankreich an, 
die am 16. Oct. in Paris zusammentreten soll. 
„ Tumult in Nizza: Die Nizzarden legen die entschiedene Neigung 
an den Tag, sich von Frankreich wieder zu trennen und zu Italien 
zurückzukehren. 
In Paris beginnt der Vertheidigungsdienst für die Nationalgarde. 
Inzwischen strömen seit dem 2. d. M. starke Abtheilungen Mobil- 
garden von allen Seiten der Provinz nach Paris. Ihre Zahl über- 
steigt bereits 50,000 Mann. Trochu ist beschäftigt, sie zu organi- 
siren zugleich mit den Ueberresten der regulären Armee. 
„ Die Festung Laon capitulirt. Nach der Capitulation wird die 
Citadelle in die Luft gesprengt, ohne daß der Schuldige entdeckt wird. 
Trochu ordnet das Abbrennen der Waldungen in einem weiten 
Kreise um Paris an. Es geschieht, gelingt aber nur theilweise. 
„ Thiers übernimmt eine diplomatische Mission nach London, Wien, 
St. Petersburg und Florenz. 
Die deutschen Armeen nähern sich immer mehr Paris. Die Re- 
gierung beschließt, selbst auf die Gefahr einer Belagerung, dort zu 
bleiben und nur eines oder einige ihrer Mitglieder als Delegirte 
nach Tours abzuordnen.
	        
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