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militärischen Interessen; die sonstigen Zerstörungen aber hemmen selbst nach
einer Capitulation von Paris die Verbindung der Capitale mit den Provinzen
auf lange Zeit hinaus. Der deutschen Armeeführung ist es, wenn jener Fall
eintritt, eine positive Unmöglichkeit, eine Bevölkerung von nahe an zwei Mil-
lionen Menschen auch nur einen einzigen Tag mit Lebensmitteln zu versehen.
Die Umgegend von Paris bietet alsdann, da deren Bestände für den Bedarf
der diesseitigen Truppen nothwendig gebraucht werden, auf viele Tagemärsche
hin ebensowenig irgend welche Hilfsmittel und gestattet daher nicht einmal,
die Bewohner von Paris auf den Landwegen zu evakuiren. Die unausbleib-
liche Folge hievon ist, daß Hunderttausende dem Hungertode verfallen. Die
französischen Machthaber müssen diese Consequenzen ebenso klar übersehen, wie
die deutsche Armeeführung, welcher nichts übrig bleibt, als den angebotenen
Kampf auch durchzuführen. Wollen Jene es bis zu diesem Extrem kommen
lassen, so sind sie auch für die Folgen verantwortlich."
10, Oct. In Toulouse bildet sich ziemlich unabhängig von Paris und
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Tours eine „Liga des Südens“. In Marseille reißt Esquiros
eine Art Dictatur an sich. Der Präfect von Nizza wird von
Gambetta und der Regierungsdelegation in Tours als nicht energisch
genug abberufen.
„ General Bourbaki, dem es gelungen, aus Metz herauszukommen,
stellt sich der Regierung in Tours zur Verfügung, die ihm zunächst
die Organisirung der Streitkräfte im Norden Frankreichs mit dem
Sitze in Lille überträgt. Kératry legt sein Amt als Polizeipräfect
von Paris nieder und verläßt dasselbe im Luftballon, um zunächst
eine (resultatlose) Mission nach Spanien und hierauf die Organi-
s#cung neuer Streitkräfte im Westen von Frankreich, namentlich in
der Bretagne, zu übernehmen. Gambetta überträgt dem General
Garibaldi die Organisirung von fremden und einheimischen Frei-
schaaren (Franctireurs) in den Vogesen, hebt das militärische Avan-
cement auf, ruft den gegen v. d. Tann in Orleans unterlegenen
General de la Motterouge ab, ernennt den General Aurelles de
Paladine an seine Stelle und entwickelt überhaupt eine fieberhafte
Thätigkeit, um neue Armeen in der Provinz aufzubringen und mit
denselben Paris zu entsetzen. Die Flotte ist schon seit dem Sep-
tember aus der Nord= und Ostsec nach Cherbourg zurückgekehrt, von
wo aus die Martnetruppen zum Landkriege verwendet worden sind;
nur kleine Geschwader sind in der Ost= und Nordsee zurückgeblieben,
lediglich zum Abfangen deutscher Handelsschiffe bestimmt.
„ General Boyer wird von Bazaine in Metz mit einer vertrau-
lichen Mission im Interesse der napoleonischen Dynastie nach Ver-
sailles und zur Kaiserin nach England betraut. Die Unterhand-
lungen führen zu keinem Resultat. Inzwischen sind die Lebens-
mittelvorräthe in Metz fast zu Ende. In Paris beginnt das frische
Flejsch zu mangeln und muß durch Pferdefleisch ersetzt werden.
„ Trochu und Dorian veröffentlichen einläßliche Berichte über das,
was seit der Einschließung in Paris zur Armirung und zur Orga-
nisirung der Streitkräfte geschehen sei, die dahin schließen, daß