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Stalien.
aufhören wird, eine Macht zu bedauern, deren sämmtliche Vortheile ihm er-
halten bleiben, und von der er nichts verliert, als die Verlegenheiten und die
gefährliche Verantwortlichkeit. Sie können indessen, mein Herr, der Regierung,
bei welcher Sie beglaubigt sind, versichern, daß der heil. Vater, welcher die
gute Eingebung hatte, sich nicht aus dem Vatican zu entfernen, von den kgl.
Behörden und von der Bevölkerung mit den ehrerbietigsten Rücksichten behan-
delt wird. An dem Tag, an welchem der Papst, dem Zuge seines Herzens
folgend, sich erinnern wird, daß die Fahne, die jetzt in Rom weht, diejenige
ist, welche er in den ersten Tagen seines Pontificats unter den begeisterten Zu-
rufen Europa's segnete; an dem Tag, an welchem die Aussöhnung zwischen
Kirche und Staat im Vatican verkündigt werden wird, — wird die katholische
Welt anerkennen, daß Italien, indem es nach Rom zog, nicht ein unfrucht-
bares Werk der Zerstörung ausgeführt hat, und daß das Princip der Auto-
rität in der ewigen Stadt auf der breiten und dauerhaften Grundlage der
bürgerlichen und der religiösen Freiheit wieder aufgerichtet werden wird.“
18. Oct. Die Regierung ist vorerst noch getheilter Ansicht, aber doch
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überwiegt in ihr bereits die Ansicht, daß Rom sofort auch zur
Hauptstadt Italiens erklärt und der Regierungssitz so bald wie
möglich dahin verlegt werden solle. Minister Sella geht nach Rom,
um sich persönlich zu überzeugen, wie bald dies der Fall sein könne.
„ Ein kgl. Decret bildet aus dem bisherigen Kirchenstaat die rö-
mische Provinz mit fünf Bezirken.
„ Die Regierung setzt eine Commission nieder behufs Ausarbeitung
eines Gesetzesentwurfs für Einführung der „Freiheiten der Kirche“ in
die italienische Gesetzgebung.
„ Ein kgl. Decret verfügt die Auflösung der Kammer und ordnet
Neuwahlen für ganz Italien auf den 20. und 27. November an.
Der größte Theil der in den letzten Monaten aufgebotenen Truppen
wird entlassen.
Anf. Nov. Die Entlassung zahlreicher bisher päpstlicher Beamten, die
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theils gänzlich überflüssig, theils völlig unbrauchbar sind, erregt in
Rom vielfach Unzufriedenheit. Die Entlassenen bilden den Kern
einer neuen Oppositionspartei, der sich der größere Theil der hohen
Aristokratie und das niedere Volk anschließt.
„ Deas diplomatische Corps wird eingeladen, den König demnächst
nach Rom zu begleiten, die Reise des Königs dahin aber alsbald
wieder auf unbestimmte Zeit vertagt.
„ Die Regierung läßt den bisher päpstlichen Palast des Quirinal
in Rom mit Gewalt öffnen, da die Curie die Auslieferung der
Schlüssel verweigert.
Die Regierung will den Jesuiten einen Theil des Collegium Ro-
manum belassen. In Folge einer Volksdemonstration schließt sie
jedoch das Collegium auf Grund des Gesetzes vom 13. Nov. 1859.
„ Der Cardinal-Staatssecretär Antonelli will die monatlichen 50.,000
Scudi päßpstl. Civilliste auf Grund eines einfachen Mandats der
apostolischen Kammer erheben. Die Regierung macht jedoch die