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Rom. 429
In der Sitzung ereignet sich ein, unerwarteter Zwischenfall, Schon vor
einigen Tagen hatte Bischof Martin, von Paderborn in seinem und einiger
Collegen Namen den. Vorschlag gemacht: es möge in einem als „Monitum“
bezeichnenden Anhang die doctrinäre Autorität der Bischöfe, doch nur bei-
äufig und so, daß sie als etwas mit der persönlichen Unfehlbarkeitsptäroga-
tive des Papstes wohl vereinbares erscheine, erwähnt werden. Als der Papst
1dies erfuhr, ward er sehr unwillig, und befahl:: dem Concil müsse ein Canon
zur Annahme vorgelegt werden, der die päpstliche Omnipotenz über die ganze
Kirche in geschärfter Weise und mit dem Anathem gegen jede Abweichung
ausspreche. Die Deputation hatte nun den dritten Canon folgendermaßen
emendirt, und gedruckt vertheilen lassen: „So einer sagt: der Primat des
römischen Papstes sei nur ein Amt der Ausfsicht und Leitung, und seine (des
Papstes) oberste Jurisdictionsgewalt über die gesammte Kirche sei keine volle,
sondern nur eine außerordentliche und mittelbare — der sei verflucht.“" Um
dem päpstlichen Befehl nachzukommen, las aber in der Sitzung der Bischof
von Rovigo als Deputationsmitglied denselben Canon mit einer Verschärfung,
die in der That den vollendetsten Absolutisten nichts zu wünschen übrig ließ, die
aber nicht im Druck stand und von den meisten Bischöfen theils nicht gehört,
theils nicht verstanden wurde, aber dennoch auf der Stelle (also gegen die klare
Bestimmung der Geschäftsordnung) mitvotirt werden sollte. Diese verschärfte
Fassung des Canons lautet: „So einer sagt: der römische Papst habe ledig-
lich ein Amt der Aufsicht oder Leitung, nicht aber volle und oberste Juris-
dictionsgewalt über die gesammte Kirche, sowohl in Dingen, welche Glauben
und Sitten, als auch in solchen, welche Disciplin und Regiment der über den
ganzen Erdkreis zerstreuten Kirche betreffen; oder: er habe nur den Haupt-
theil, nicht aber die ganze Fülle dieser obersten Gewalt; oder: diese seine Ge-
walt sei keine ordentliche und unmittelbare, sowohl über alle und über jede ein-
zelne Kirche, als auch über alle und über jeden einzelnen Hirten und Gläu-
bigen — der sei verflucht.“ Eine förmlichere Ueberlistung eines Concils ist
wohl noch niemals versucht worden. Sofort erhebt sich Erzbischof Darboy
von Paris und protestirt gegen dieses Manöver. Die Legaten müssen wirk-
lich, so demüthigend dies auch für sie ist, die Sache für jetzt fallen lassen; doch
soll der Zusatz in einigen Tagen wieder vorgelegt werden.
„ Concil: Die Deputation bringt wirklich den am 5. Juli vorerst
fallen gelassenen Canon 3 zu Kap. 3 de romano pontifice noch-
mals zur Vorlage und Abstimmung. Etwa 90 Bischöfe stimmen
mit non placet und da es aus formellen Gründen zu einer zweiten
Abstimmung kommt, wenigstens noch 80. Die unbedingte Unter-
werfung des Episcopats unter die Autorität und Willkür das Pap-
stes ist damit unzweifelhaft festgestellt und sanctionirt.
„ Concil: Abstimmung über das Kap. 4 des Schema de romano
pontilice (bez. der Unfehlbarkeit) und über das Schema als Gan-
zes. Es sind 601 Bischöfe anwesend. 88 VBäter, worunter die
Cardinäle Matthieu, Schwarzenberg, Rauscher und die Erzbischöfe
von Paris und Grenoble stimmen dagegen, mit non placet, 62 an-
dere wenigstens nur bedingungsweise dafür, mit juxta modum. Alle
Alle übrigen stimmen einfach zu mit placet.
„ Die Bischöfe erhalten nunmehr, da die Entscheidung gefallen,
die Erlaubniß, Nom verlassen zu dürfen, wenn Amtsgeschäfte u. dgl.
es nöthig erscheinen ließen; doch hätten sie sich bis zum 11. No-
vember wieder in Rom einzufinden.