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— Mai. (Neuenburg). Der Staatsrath beschließt beim Gr. Rathe
auf Trennung zwischen Staat und Kirche anzutragen.
2. Juni. Der Vundesrath veröffentlicht seine Vorschläge an beide Räthe
bez. Revision der Bundesverfassung. Dieselben nehmen von einer
Einführung des Referendums, oder auch nur des Veto in die Bun-
desverfassung völlig Umgang; von einer Aenderung der Grundlagen
des Bundes ist in denselben überhaupt keine Rede. Dagegen wird
zu freier Entwickelung des Bundes und des einzelnen Vürgers man-
ches Werthvolle geboten:
I. Militärwesen. Art. 19. Aus den Contingenten der Kantone wird
das Bundesheer gebildet. Diese Contingente umfassen die gesammte nach der
eidgenössischen Gesetzgebung wehrpflichtige Mannschaft. In Zeiten der Gefahr
kann der Bund auch über die nicht zum Bundesheer gehörende Mannschaft
der Kantone, sowie über die übrigen Streitmittel derselben verfügen. Die
Kantone verfügen über ihre Wehrkraft, soweit sie nicht durch verfassungsmäßige
und gesetzliche Anordnungen beschränkt sind. II. Schutz der Waldungen.
Art. 21 a. Der Bund ist befugt, gesetzliche Bestimmungen zu erlassen zur
Erhaltung oder Wiederherstellung der Gebirgswaldungen in den Wassergebie-
ten der Flüsse und Wildbäche, deren Eindämmung und Verbauung unter
Beihülse der Eidgenossenschaft stattgefunden hat oder stattfinden wird. III. Freier
Verkehr. Art. 29. Die Freiheit des Handels und des Verkehrs, sowie das
Necht freier Berufs= und Gewerbe-Ausübung ist jedem Schweizerbürger im
ganzen Umfange der Eidgenossenschaft gewährleistet. Vorbehalten sind: a) das
Salz= und Pulverregal, die eidgenössischen Zölle und die vom. Bund aner-
kannten Gebühren (Art. 24 und 31), die Consumgebühren von Wein und
andern geistigen Getränken (Art. 32). b) Sanitätspolizeiliche Maßregeln
gegen Epidemien und Viehseuchen. c) Verfügungen der Kantone über Aus-
übung von Handel und Gewerbe, Über Besteuerung des Gewerbebetriebes und
über die Benützung der Straßen. Diese Verfügungen dürfen den Grundsatz
der Handels= und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen und sollen die
Schweizerbürger anderer Kantone den eigenen Kantonsbürgern gleich behan-
deln. d) Bundesgesetzliche Vorschriften über Erwerbung von Patenten für
die Ausübung wissenschaftlicher Berufsarten. Den Kantonen bleibt freigestellt,
zu bestimmen, ob für die Ausübung einer solchen Berufsart der Besitz eines
Patents erforderlich sei. IV. Freie Niederlassung und Rechtsstel-
lung der Niedergelassenen. Art. 41. Der Bund gewährleistet allen
Schweizern das Recht der freien Niederlassung im ganzen Umfang der Eid-
genossenschaft nach folgenden nähern Bestimmungen: 1. Keinem Schweizer
kann die Niederlassung in irgend einem Kanton verweigert werden, wenn er
folgende Ausweisschriften besitzt: a) einen Heimathschein, oder eine andere
gleichbedeutende Ausweisschrift; b) eine Bescheinigung, daß er nicht durch ein
gerichtliches Strafurtheil seine bürgerlichen Nechte und Ehren verloren habe.
4. Der Niedergelassene genießt alle Rechte der Bürger des Kantons, in welchem
er sich niedergelassen hat, mit Ausnahme des Mitantheils an Gemeinde= und
Corporationsgütern. In Betreff des Stimmrechts in Gemeindeangelegenheiten
ist er dem niedergelassenen Kantonsbürger gleichzustellen. Gänzlicher Ausschluß
aller Niedergelassenen vom Stimmrecht in Gemeindeangelegenheiten ist jedoch
unzulässig. 6. Der Niedergelassene kann aus dem Kanton, in welchem er
niedergelassen ist, weggewiesen werden durch gerichtliches Urtheil, oder wenn
er durch Verarmung zur Last fällt. 7. Der Bundesgesetzgebung wird vor-
behalten, zu bestimmen, ob die Gesetze des Heimaths-, oder diejenigen des
Niederlassungskantons für die Besteuerung, sowie für die Regelung der