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Preußen und der norddeutsche Lund.
Die Entwürfe einer Civilprozeßordnung, eines Strafrechts und
einer Strafprozeßordnung für den norddeutschen Bund sind theils
schon fertig, theils in der Ausarbeitung begriffen. Der preuß. Justizminister
folgert aus diesen Arbeiten in einem an den norddeutschen Bundesrath gerich-
tetei Antrage die Nothwendigkeit der Ausarbeitung einer Gerichtsverfas-
sung und einer Concursordnung. Damit werden aber derartige Anträge
noch nicht abgeschlossen sein. Bereits am 30. November 1868 argumentirte
Hr. Leonhardt im preuß. Abgeordnetenhause, daß „eine nothwendige Voraus-
setzung einer vollständigen Concursordnung auch ein gemeinsames Hypo-
thekenwesen sei.“ Der jetzt auf Ausarbeitung einer Concursordnung im nordd.
Bundesrath gestellte Antrag soll also einen künftigen Antrag vorbereiten, die
jetzt im preuß. Abg. Hause berathene neue Hypothekenordnung zum Nordbundsgesetz
zu erheben. Denn wie Leonhardt bei der ersten Einbringung dieser Hypotheken=
ordnung in seiner am obenerwähnten Tage gehaltenen Rede ausführte: „jede
Gesetzgebung, welche für sämmtliche Gebiete der preußischen Monarchie sich
eignet, ist ohne Weiteres geeignet, als Grundlage für die Gesetzgebung des
norddeutschen Bundes zu dienen; denn es bestehen in ganz Deutschland keine
Rechtselemente, welche nicht bei einer Gesetzgebung zu berücksichtigen wären,
die sich auf das ganze Gebiet der Monarchie erstreckt.“ Nun soll freilich die
jetzt berathene Hypothekenordnung nur Geltung haben für die alten land-
rechtlichen preußischen Landestheile. Aber wie Leonhardt schon damals sagte:
a„es sollen mit diesem Gesetzentwurse Grundlagen gewonnen werden, welche für
das Recht der ganzen Monarchie dienen können, sobald gewisse äußere Hinder-
nisse beseitigt sein werden.“ Gegen den Entwurf eines Strafgesetzbuches hat
der sächsische Landtag allerlei Vorbehalte aufgestellt, und die sächsische Regierung
scheint geneigt, dieselben zu unterstützen. Noch größeren Dissens erregt die
Frage des Unterstützungswohnsitzes. Der erste Entwurf Preußens war an
dem particularistischen Widerstand Mecklenburgs, Sachsens, Hessens 2c. gescheitert,
und Preußen läßt sich nunmehr dazu herbei, dem Bundesrath einen neuen
Entwurf vorzulegen, von dem es aber von vornherein zweifelhaft ist, ob der
Reichstag seinerseits darauf eingehen werde.
Jan. (Preußen). Das Abg.Haus nimmt den von Duncker und
Eberty eingebrachten Gesetzentwurf betr. Aufhebung der Beschrän-
kungen der Preßfreiheit in der Schlußabstimmung definitiv an.
„ (Preußen). Ein Erlaß des Cultusministeriums befiehlt für
Nordschleswig die Entfernung der noch aus früherer Zeit stammen-
den dänischen und in dänischem Sinn bearbeiteten Lehrmittel.
„ Der größere Ausschuß der „deutschen Volkspartei“ verlegt den
Sitz seines geschäftsleitenden Bureau's von Stuttgart nach Mainz
mit Beibehaltung der „demokratischen Korrespondenz“ als Organ der
Partei unter Leitung von J. Frese.
„ (Preußen). Das Abg.Haus genehmigt die Gesetzvorlage bez.
Eigenthumserwerb und dingliche Belastung von Grundstücken, wo-
durch der Grundbesitz möglichst mobilisirt werden soll.
Das Begehren der Abgeordneten Westphalens, das neue Gesetz auf die
Provinz nicht auszudehnen, ihr vielmehr ihr bisheriges Particularrecht zu
lassen, wird nach dem Antrage des Justizministers abgelehnt. Dagegen wird
gegen den letzteren der Zusatz zum Gesetze beschlossen, daß der Staat für den
durch die Grundbuch-Beamten verübten Schaden den Beschädigten hafte.
„ (Mecklenburg-Strelitz). Die Einwohner des Fürstenthums
Ratzeburg zeigen sich mit der ihnen von dem Großherzog von