Preusien und der norddeutsche Pund. 41
Mecklenburg-Strelitz (s. 28. Nov. 1869) allergnädigst octroyirten
Verfassung sehr unzufrieden.
Dicselbe führt den Titel Verfassung, ist aber in Wahrheit nichts weiter,
als eine sehr illiberale Kreis= oder Gemeindeordnung, die Vevölkerung ist da-
her sehr wenig zufrieden, und wird eine dießfällige Beschwerde beim Norddeut-
schen Bunde beabsichtigt. Das ungefähr 10 Q.-M. große, von etwa 16,000
Menschen bevölkerte Ländchen bezahlt, maßgeblich jener Verfassung, den Vor-
theil, mit Strelitz verbunden zu sein, mit etwa 100,000 Thlr.; denn auf
diese Summe dürften sich die jährlichen Kassenüberschüsse, nach Abrechnung
aller anderweitigen Regierungskosten, beziffern.
Anf. Febr. Opposition am Rhein gegen die in Nom angestrebte Erklä-
rung einer persönlichen Unfehlbarkeit des Papstes:
Adresse aus Kreuznach an den Bischof von Trier, Dr. Eber-
hard, in Rom: „In dem gegenwärtigen für unsere Kirche verhängnißvollen
Augenblick fühlen wir, die unterzeichneten Diöcesanen Ew. bischöflichen Gnaden,
uns im Gewissen gedrungen, Hochdemselben als unserm gesetzmäßigen Oberhirten
folgende Erklärung gehorsamst zukommen zu lassen. Es ist bereits eine der
ganzen Welt bekannte Thatsache, daß viele der zum Concil versammelten hoch-
würdigsten Väter den dringenden Wunsch geäußert haben, es möge die Mei-
nung von der Unfehlbarkeit des Papstes zum Glaubenssatz erhoben werden.
Die Kunde von diesem Ereigniß hat uns aufs äußerste betroffen. Wir haben
alle von Jugend auf nie etwas anderes als katholische Lehre gekannt, als daß
dem gesammten Lehrkörper der Kirche, dem Papst in Vereinigung mit dem ganzen
Episcopat, der Beistand des hl. Geistes verheißen sei, der sie in aller Wahrheit
erhalten werde. Für die unüberwindliche Grundlage unsers Glaubens aber
hielten wir stets den Satz: „Was immer, was überall, was von allen geglaubt
wurde, das allein ist wahrhaft katholisch“. In Folge dessen können wir es
nicht für möglich erachten, daß in Zukunft von der Kanzel herab und in den
Katechismen die Unfehlbarkeit des Papstes als katholischer Glaubenssatz werde
verkündet werden. Sicher würde hieraus unter uns, wie auch in weitern
Kreisen, die größte Verwirrung der Gewissen, Glaubenszweifel und für viele
eine vielleicht mehr als menschliche Versuchung erwachsen, die Kirche, der sie
eben der Unveränderlichkeit ihrer Lehre wegen in treuester Hingebung zugethan
waren, mit blutendem Herzen zu verlassen. Hochwürdigster Herr! Die Liebe
zu unserm nun fast neunzehn Jahrhunderte alten Glauben und das Bewußtsein
um das feste, durch räumliche Entfernung nicht trennbare Band, welches Hirt
und Heerde verknüpft, dieß war es, was uns ermuthigte, mit dieser noth-
gedrungenen Kundgebung unsers katholischen Denkens und Fühlens vertrauens-
voll Ew. bischöflichen Gnaden zu nahen. Wir bitten und beschwören Hochdie-
selben ebenso dringend wie ergebenst, durch den Ihnen zustehenden hohen
Einfluß geneigtest dahin wirken zu wollen, daß die unserer Kirche drohende
Gefahr unter Gottes gnädigem Beistand glücklich beseitigt werde. Indem wir
Ew. bischöflichen Gnaden versprechen, durch unser inständiges Gebet uns an
Ihrer mühevollen Arbeit nach Kräften zu betheiligen, haben wir die Ehre zu
zeichnen als Ew. bischöflichen Gnaden treuergebenste Diener und Söhne.“
Adresse angesehe ner kath. Laien aus Köln an den Stifts-
probst u. Prof. Dr. v. Döllinger in München: „Seit vielen Jahren haben
Sie, verehrter Herr, als academischer Lehrer wie als Schriftsteller die segens-
reichste Wirksamkeit entfaltet. Nicht weniger hat die Entschiedenheit, mit wel-
cher Sie überall und stets Ihre Ueberzeugung vertreten, Ihnen die Hochachtung
der gebildeten Welt gesichert: mit Stolz nennen die Katholiken Sie den ihri-
gen. Deßhalb waren auch Sie, welcher wie wenige in die Geschichte der Kirche
eingeweiht, zunächst berufen, ihre Stimme zu erheben, als in letzter Zeit ab-