Preußen und der norddeutsche Vund. 45
tages und die Wiederaufnahme der begonnenen wichtigen Arbeiten nach einigen
Monaten für angemessen. Sie wurde hierbei einerseits durch die gebotene
Rücksicht auf die größere nationale Gemeinschaft, zugleich aber von der Hoff-
nung geleitet, daß die Zeit der Vertagung der Vorbereitung einer weitern
Verständigung über die wichtigen R eformgesetze förderlich sein werde. Nachdem
der Antrag auf Vertagung von dem einen der beiden Häuser abgelehnt wor-
den ist, liegt es in der Absicht der Regierung Sr. Maj., durch eine außer-
ordentliche Session dem Landtage zur Sicherstellung wenigstens eines
Theils der Ergebnisse der bisherigen Berathungen Gelegenheit zu geben.“
114. Febr. (Nordd. Bund). Eröffnung des Reichstags. Thronrede des
uuigs von Preußen:
AZu meiner lebhaften Befriedigung ist es der hingebenden Thätigkeit
der zur Vorbereitung eines Strafgesetzbuches für den norddeutschen Bund
berufenen Männer gelungen, den Abschluß dieses umfangreichen Werkes der-
gestalt zu fördern, daß dasselbe, vom Bundesrath genehmigt, Ihnen schon
heute vorgelegt werden kann. Indem dieses Gesetzbuch auf einem der wichtig-
sten Gebiete des öffentlichen Rcchts die nationale Einheit im norddeutschen
Bunde zum Abschlusse bringen will, enthält es zugleich eine den Forderungen
der Wissenschast und den Ergebnissen reicher Erfahrungen entsprechende Fort-
bildung des im Bundesgebiet bestehenden Strafrechts. Dasselbe Ziel soll auf
verwandtem Gebiete durch ein Gesetz zum Schutz der Autorrechte angestrebt
werden. Das in der Bundesverfassung begründete, in den Gesetzen über die
Freizügigkeit, sowie in der Gewerbeordnung weiter ausgebildete gemein same
Indigenat, wird in den Ihnen zugehenden Gesetzvorlagen nach verschiedenen
Richtungen eine abschließende Entwicklung erhalten. Eine Gesetzvorlage über
den Erwerb und Verlust der Bundes-= und Staatsangehörig-
keit wird dem von Ihnen in der vorigen Session ausgesprochenen Wunsche
entgegenkommen. Bei der Verschiedenheit der landesgesetzlichen Bestimmungen
über Heimathsrechte und Armenpflege hat das Institut der Freizügigkeit Un-
gleichheiten hervorgerufen, deren auch von Ihnen angeregte Beseitigung nicht
länger verschoben werden darf. Eine Ihnen über den Unterstützungs-
wohnsitz zugehende Gesetzvorlage ist bestimmt, den empfindlichsten Uebelstän-
den Abhilfe zu verschaffen. Die Hemmnisse, welche der vollen Entfaltung der
Freizügigkeit durch die Landesgesetze über die directe Besteuerung noch ent-
gegenstehen, sollen durch ein dem Bundesrathe vorliegendes Gesetz beseitigt
werden ... Ein mit dem Großherzogthum Baden abgeschlossener Juris-
dictionsvertrag, der Ihnen zur Genehmigung zugehen wird, dehnt die
Grundsätze der Gemeinsamkeit des Rechtsschutzes, welche durch das Gesetz über
die Gewährung der Rechtshilfe für den norddeutschen Bund zur Geltung ge-
langt sind, in nationalem Sinne über die Grenzen des Bundesgebiets aus.
Durch eine Ergänzung der Maß- und Gewichtsordnung wird die Möglichkeit
gewonnen werden, der Gemeinsamkeit des Maß= und Gewichtswesens mit an-
deren deutschen Staaten durch gegenseitige Zulassung der geaichten Maße und
Gewichte Ausdruck zu geben. Zur Herstellung der süddeutschen Festungscom-
mission hat der Bund durch meine Vermittlung unter Einwilligung in den
ungetheilten Fortbestand des gemeinsamen Festungseigenthums bereitwillig
mitgewirkt. Die Gesammtheit der Verträge, welche den Norden
Deutschlands mit dem Süden verbinden, gewähren der Sicher-
heit und Wohlfahrt des gemeinsamen deutschen Vaterlandes
die zuverlässigen Bürgschaften, welche die starke und geschlof-
sene Organisation des nordd. Bundes in sich trägt. Das Ver-
trauen, welches unsere süddeutschen Verbündcten in diese Bürgschaften setzen,
beruht auf voller Gegenseitigkeit. Das Gefühl nationaler Zusammengehörig-
keit, dem die bestehenden Verträge ihr Dasein verdanken, das gegenseitig ver-
pfandele Wort deutscher Fürsten, die Gemeinsamkeit der höchsten vaterländischen
Interessen verleihen unseren Beziehungen zu Süddeutschland eine von der