Der deutsch-französische Prieg. 523.
nes auf die spanische Krone mittheilte. Mit dieser Botschaft lief der
Minister Ollivier in die Vorzimmer des gesetzgebenden Körpers, sagte jedem
Abgeordneten, der es hören wollte: das ist, was wir gewollt haben, „die
Candidatkur des Prinzen besteht nicht mehr, der Zwischenfall ist erledigt“,
das Ergebniß war ein mährchenhaftes Steigen aller Börsenpapiere, bei
dem von den Eingeweihten Millionen gewonnen wurden; in denselben
Stunden aber hatte bereits der Botschafter Graf Benedetti die Weisung
erhalten, dem Könige Wilhelm in Ems gegenüber den Verzicht des Prin-
zen als eine gleichgiltige Sache zu behandeln, denn am frühen Morgen
des 13. Juli überfiel er ihn auf der Brunnenpromenade mit dem. ganz
unerwarteten Verlangen, der König solle bestimmt erklären, daß er niemals
wieder seine Einwilligung geben werde, falls die vielbesprochene Candidatur
von Neuem aufleben sollte. Der König lehnte diese empörende Zumuthung
rundweg ab und ließ dem Grafen, als er Nachmittags 6 Uhr um eine,
neue Audienz in diesem. Betreff nachsuchte, durch den Flügeladjutanten
sagen, er habe dem Botschafter Nichts weiter mitzutheilen. Benedekti hatte,
wie wir anderweitig wissen, den Auftrag, eine förmliche Abbitte vom
König zu verlangen, die in einem Schreiben von bestimmt vorgeschriebenem
Inhalt geleistet werden sollte.
Diese Thatsäche war der Nordd. Allg. Ztg. durch ein schlichtes
Telegramm, vom Abend des 13. Juli mitgetheilt worden und dies Emser
Telegramm wirkte wie der zündende Funke in der Mine: es gab den
Anstoß zur Erhebung der deutschen Nation.
Und nun erlebte die Welt ein einzigartiges Schauspiel. Aus der
grundverschiedenen Art, wie in beiden Ländern Regierung und Kammern,
Nation und Presse sich zu dem ungeheuren Ernst der plötzlich hereingebre-
chenen Kriegslage stellten, war sofort aufs Deutlichste zu erkennen, auf
welcher Seite das moralische Element des Sieges, das tiefe Gefühl des.
namenlos gekränkten Rechts, der felsenfeste Glaube an den unausbleiblichen
Erfolg einer heiligen Sache, und der unerschütterliche Wille, Alles an
Alles zu setzen, lebendig war.
Wie ein entlarvter Verbrecher, bleich und verstört, gleich Einem, der
zwischen Ohnmacht und Wahnsinn hintaumelt, erschien Minister Ollivier
am 15. Juli vor dem gesetzgebenden Körper, um die große Lüge zum
Besten zu geben, Preußen habe durch eine Depesche über Benedetti's
Zurückweisung in Ems Frankreich vor Europa an den Pranger gestellt
und dadurch den Kriegsfall herbeigeführt. Gambetta verlangt, daß die