Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

Der deutsch-franfösische Krieg. 539 
schlusses bezeichnet Graf Bismarck das Zugeständniß des Prineips der Ab- 
tretung von Land und Leuien. Jules Favre bietet tout Fargent que nous 
avons, aber „keinen Stein von unseren Festungen, keinen Fußbreit unseres 
Bodens"“. Ein Waffenstillstandsvorschlag, der Frankreich Gelegenheit geben 
soll, sich über seine Regierungsform und über den Friedensabschluß auszu- 
sprechen, wird von der Pariser Regierung mit Entrüstung abgewiesen, und 
ein Rundschreiben Jules Favre's vom 21. September belehrt die Welt, 
daß er gar keine Vollmacht gehabt, überhaupt über irgend Etwas zu un- 
terhandeln, daß er ohne Wissen seiner Collegen einen rein persönlichen 
Schritt gethan habe! Am 23. und 27. September capitulirten die Fe- 
stungen Toul und Straßburg, die beiden Plätze, für deren Räumung 
nebst Bitsch Bismarck zu Ferrières einen Waffenstillstand angeboten hatte. 
Während von den Armeen in Paris und Metz ein verzweifelter 
Ausfall nach dem anderen versucht wird, beginnt Lon Gambetta, mit- 
tels Luftballon aus Paris entkommen, seit dem 9. October Kriegsminister 
und Dictator in Tours, mit fieberhafter Energie die Organisation vier 
neuer Armeen, die von der Provinz aus Paris und Metz entsetzen sollen. 
Aber am 11. Oct. wird die Loirearmee von den Bayern unter v. d. Tann 
über die Loire zurückgeworfen, Orleans erstürmt, während General! Werder 
Epinal besetzt, um dann Vesoul zu nehmen und auf Dijon vorzudringen. 
Die Capitulation von Metz und der gesammten Armee des Mar- 
schalls Bazaine am 27. October machte dann das gewaltige Heer des 
Prinzen Friedrich Karl zum Kampfe gegen die inzwischen bedrohlich ange- 
schwollenen republikanischen Heere frei. Ein Theil desselben geht auf Paris, 
ein anderer unter Manteuffel gegen die Nordarmee Bourbaki's, das Gros 
unter dem Prinzen selbst nach dem mittleren Frankreich, um rechts dem 
General v. d. Tann, links dem General v. Werder die Hand zu reichen. 
Nirgends war diese Verstärkung dringender von Nöthen, als an der Loire, 
wo das Waffenglück den Franzosen zum ersten Mal ein flüchtiges Lächeln 
gönnte, als am 9. November General v. d. Tann vor der Uebermacht 
der Loirearmee unter Aurelles de Paladine nach tapferem Kampf aus 
Orleans weichen und auf der Pariser Straße zurückgehen mußte, bis der 
Großherzog von Mecklenburg Hilfe brachte. 
Inzwischen hatten seit dem 31. October zwischen dem norddeutschen 
Bunde und den süddeutschen Regierungen die Unterhandlungen begonnen, 
aus denen am 15., 23. und 25. November die Versailler Anschlußverträge 
mit Baden, Hessen, Bayern und Württemberg hervorgehen sollten. Am
	        
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