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Preußen und der norddeutsche Pund.
damit die nothwendig gewordenen Amendements gehörig vorbereitet
werden können.
10. März. (Nordd. Bund). Reichstag: Graf Lehndorff beantragt, über
die allgemeinen Bestimmungen und den ersten Theil des Strasgesetz-
buchs sofort die dritte Lesung vorzunehmen, um den Bundecsrath
(nach Beseitigung der Todesstrafe) zu einem Entscheid zu drängen
und nicht das ganze Gesetz in vielen Sitzungen noch durchzubcra-
then, um es vielleicht schließlich abgelehnt zu sehen. Der Antrag
wird auf eine Erklärung des BVundeskanzlers hin abgelehnt.
Graf Bismarck: man könne dem Bundesrathe nicht zumuthen, über
Bruchstücke eines Gesetzes zu beschließen; der Bundesrath würde auf die Weiter-
berathung des Gesetzes keinesfalls verzichten, vielmehr den Weg der Verstän-
digung suchen; obgleich die Meinungen des Bundesraths nicht erschüttert seien,
so würden doch die Interessen des Bundes geschädigt werden, wenn der Bun-
desrath auf die Weiterberathung des Gesetzes schon jetzt verzichtete. Der Bun-
desrath könne sich erst nach der Durchberathung entscheiden.
12. „ (Nordd. Bund). Reichstag: Generaldebatte über das Budget
15.
für 1871.
„ (Nordd. Bund). Der Reichstag nimmt die Berathung des
Strafgesetzbuches wieder auf. Von liberaler Seite werden Anträge
gestellt: 1) die Zuchthausstrafe bei politischen Verbrechen nur in
Bezug auf solche Verbrechen zuzulassen, welche aus ehrloser Gesin-
nung entspringen, sonst aber überall durch Festungshaft zu ersetzen;
2) da, wo Schwurgerichte bestehen, sollen dieselben auch über poli-
tische Verbrechen erkennen, womit der prcußische Staatsgerichtshof
beseitigt wäre. Der Justizminister Leonhardt und Graf Bismarck
bekämpfen den letzteren Antrag aufs entschiedenste. Bei der Ab-
stimmung wird der erste Theil des Antrags angenommen, der zweite
abgelehnt.
„ Das katholische Vereinscomité der Diöcese Mainz (Fürst zu
Isenburg-Birstein, Frhr. v. Wambolt und Frhr. v. Oer) erläßt eine
Erklärung gegen
„die ärgerlichen Umtriebe, die von gewisser Seite dem Concil gegenüber
versucht werden" und gegen „die unbefugten Kundgebungen einer Anzahl
deutscher Gelehrter" und spricht seine „tiefste Entrüstung über diese Anma-
ßung“ aus.
Auch das Centralcomité der katholischen Vereine Deutschlands
(Frhr. v. Loö 2c.) veröffentlicht eine Erklärung, worin es seiner
„Entrüstung“ Ausdruck gibt darüber, daß
„auch an unseren Hochschulen sich Männer finden, welche es wagen, unter
den- Desmanke der Wissenschaft das Banner des Aufruhrs gegen Rom zu
erheben.“
Reinkens, Baltzer und andere Professoren der Breslauer Univer-
sität nehmen den Handschuh auf und stellen an die Herren das
Verlangen, .
einmal den Schleier von den katholischen Vereinen wegzuheben und ge-
wissenhaft und authentisch die Zahl der Katholiken, welche diesen Vereinen