76 Preußen und der norddeutsche Pund.
allgemeinen Friedens ausbildet, welcher die Achtung und das Ver-
trauen der Völker wie der Regierungen des Auslands zur Seite stehen.
„Wenn wir der deutschen Nation mit Gottes Hülfe die Weltstellung
gewinnen, zu der ihre geschichtliche Bedeutung, ihre Stärke und ihre friedfer-
tige Gesittung sie berufen und befähigen, so wird Deutschland den Antheil
nicht vergessen, welchen dieser Reichstag an dem Werke hat, und für den Ich
Ihnen, geehrte Herren, wiederholt Meinen Dank ausspreche."
30. Mai. (Luxemburg). Demolirung der sog. Bastion Marie. Die
Demolirungs= und Nivellirungsarbciten schreiten nunmehr rasch vor-
wärts wenigstens nach der Seite Frankrcichs hin.
„ (Nordd. Bund). Der Bundesrath beschließt, den Vundes-
kanzler zu ermächtigen, auf den September cine Conferenz ven Sach-
verständigen in der Mün zfrage einzuberufen. Die süddeutschen Re-
gierungen werden von dem Veschlusse und von der Ermächtigung
des Bundeskanzlers, diejenigen, die an dieser Conferenz Theil zu
nehmen wünschen, so zu behandeln wie die Vundesregierungen, in
Kenntniß gesetzt, und eingeladen, ihre diesfälligen Intenlionen kund
zu geben.
1—4. Juni. (Preußen). Der König stattet dem Kaiser von Rußland
in Begleitung des Grafen Bismarck einen Besuch in Ems ab.
Graf Bismarck geht von dort sofert nach Varzin, wo er bis zum
Herbst zu bleiben gedenkt.
4—7. „ Secial-demokratischer Cengreß in Stuttgart unter Bebel und
Liebknecht. Die Anhänger Schweitzers machen einen Versuch, sich
an dem Congreß auch zu betheiligen, ziehen sich aber schließlich
zurück, da sie nicht aufzukommen vermögen. Es sind 74 Dele-
girte, welche 111 Orte mit 15,398 Mitgliedern vertreten, anwesend.
Beschlüsse: ·
Bezüglich der politischen Stellung der Partei und des Vorgchens derselben
bei den Wahlen zum Reichstag und zum Zollparlament: „Die
social-demokratische Partei betheiligt sich an den Reichstags= und Zollparla-
mentswahlen lediglich aus agitatorischen Gründen. Die Vertreter im Reichstag
und Zollparlament haben, so weit es möglich, im Interesse der arbeitenden
Klassen zu wirken, sich im Großen und Ganzen negirend zu verhalten und
jede Gelegenheit zu benützen, die Verhandlungen beider Körperschaften in ihrer
Nichtigkeit und als Comödienspiel zu entlarven. Die social-demokratische Ar-
beiterpartei geht mit keiner andern Partei Allianzen oder Compromisse ein,
dagegen empfiehlt der Congreß bei den Wahlen zum Reichstag und zum
Zollparlament, da wo die Partei eigene Candidaten nicht aufstellt, solchen Can-
didaten ihre Stimme zu geben, die wenigstens in politischer Beziehung wesent-
lich unsern Standpunkt einnehmen. Ebenso empfiehlt der Congreß in den
Bezirken, wo die Partei von Aufstellung eigener Candidaten absieht, von an-
dern Arbeiterparteien aufgestellte wirkliche Arbeitercandidaten zu unterstützen."“
Ferner bez. der Grund= und Bodenfrage: „In Erwägung, daß die Er-
fordernisse der Production und die Anwendung der Gesetze der Agronomie
(wissenschaftlicher Bewirthschaftung des Ackerlandes) den Großbetrieb beim
Ackerbau erheischen, und ähnlich wie in der modernen Industrie die Einfüh-
rung von Maschinen und die Organisation der (ländlichen) Arbeitskraft noth-
wendig machen, und daß im Allgemeinen die moderne öconomische Entwicklung