Preußen und der norddeutsche Pund. 79
tag. Programme der verschiedenen Parteien. Erklärung der offiz.
Prov.-Corresp.
Zu den Programmen der Volks-, der Fortschritts= und der national-libe-
ralen Parteien tritt auch ein solches der katholischen Partei (in Nheinland
und Westphalen). Dasselbe verlangt außer der Aufrechthaltung der Selb-
ständigkeit der kath. Kirche und des confessionellen Charakters der Volksschule
auch Bewahrung des „föderativen Charakters des Nordd. Bundes gegenüber allen
Bestrebungen auf Einführung eines centralisirten Einheitsstaates"“ und Vermin-
derung der Ausgaben für das Militärwesen. Die letztere Forderung erscheint
mit größerem oder geringerem Nachdrucke und in größerem oder geringerem Maße
in allen Programmen. Dagegen nun erklärt die Prov.-Corr.: „die verfas-
sungsmäßig dauernden Grundlagen des Heerwesens seien: allgemeine Wehr-
pflicht, dreijährige Dienstzeit und Zahlung von 225 Thlr. pro Kopf der Frie-
densstärke bis zum 31. Dezember 1871, nach welchem Zeitpunkte die Aus-
gaben für das Heer alljährlich durch das Bundeshaushaltsgesetz festgestellt
werden sollten, wobei nach ausdrücklicher Bestimmung der Verfassung die fest-
stehende Heeresorganisirung zu Grunde gelegt werden müsse. Daß die ange-
gebenen Grundlagen durch Mitwirkung des Reichstags erschüttert werden
könnten, sei unbedingt ausgeschlossen. Die Negierung werde jede mit
dieser Grundlage vereinbare Sparsamkeit obwalten lassen; wer jedoch dem
Volke verkünde, daß nach dem 31. Dezember 1871 eine wesentliche Herabsetz-
ung der Friedensstärke und eine erhebliche Verminderung der Ausgaben für
das Heer ohne Gefährdung der Wehrhaftigkeit thunlich sei, der betrüge das
Volk und erschüttere und verwirre verfassungsmäßig geordnete Zustände."“
20. Juni. (Nordd. Bund). Unterzeichnung der Convention mit der
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Schweiz betr. Beitritt des Bundes zum Gotthardvertrage. Die ur—
sprünglich festgesetzte Frist für die Aufbringung der Subsidien wird
bis zum 31. Januar 1871 verlängert.
„ (Preußen). Der König trifft zur Badecur in Ems ein, ohne
von einem seiner Minister begleitet zu sein.
„b„ (Nordd. Bundy). Unterzeichnung der Uebereinkunft mit Oester-
reich bez. Aufhebung des Elbzolls.
„ (Nordd. Bund). Unterzeichnung eines Vertrags mit den süd-
deutschen Staaten über gegenseitige Benützung der Eisenbahnen für
Truppenbeförderung in Krieg und Frieden.
„ (Preußen). Der Communallandtag von Nassau lehnt die
besondere Vertretung des Adels im Landesausschuß neuerdings mit
17 gegen 5 und das ganze Statut darüber mit 13 gegen 9 Stim-
men ab.
„ (Preußen). Der König ertheilt dem Erbprinzen Leopold von
Hohenzollern auf dessen Wunsch die formelle Bewilligung zur An-
nahme der spanischen Throncandidatur.
Das Ansuchen wie die Bewilligung ist eine bloß formelle, lediglich eine
Art von Courtoisie, da der König gegenüber der Familie Hohenzollern-Sig-
maringen kaum berechtigt wäre, dem Prinzen die Annahme förmlich zu ver-
weigern.
3. Juli. Die Madrider Blätter melden, das Ministerium habe beschlos-
sen, den Cortes die Wahl des Erbprinzen Leopold von Hohenzollern