Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

Preußien und der norddeutsche Pund. 83 
welcher hierzu vom Prinzen Leopold autorisirt worden sei. In Betreff des 
zweiten Punktes, der Versicherung für die Zukunft. könne sich Se. Mojestät 
nur auf das berufen, was Allerhöchstderselbe dem Grafen des Morgens selbst 
erwidert hätte. Graf Benedetti nahm diese Rückäußerung Sr. Majestät dank- 
bar entgegen und äußerte, er würde dieselbe, wie er hierzu autorisirt sei, sei- 
nem Gouvernement zurückmelden. In Betreff des zweiten Punktes müsse er 
aber, weil er durch die letzte Depesche des Hrn. v. Gramont die ausdrückliche 
Anweisung hierzu hätte, seine Bitte um eine nochmalige Unterredung mit Sr. 
Majestät aufrecht erhalten, und wäre es auch nur, um dieselben Worte Sr. 
Majestät wieder zu vernehmen, um so mehr, als sich in dieser letzten Depesche 
neue Argumente vorfänden, die er Sr. Majestät unterbreiten möchte. Hierauf 
ließ Se. Majestät dem Grafen Benedetti durch mich zum dritten Male nach 
Tisch, etwa um 5 Uhr, erwidern, Se. Majestät müsse es entschieden ablehnen, 
in Betreff dieses letzten Punktes (bindende Versicherungen für die Zukunft) sich 
in weitere Discussionen einzulassen. Was er heute Morgen gesagt, wäre 
Allerhöchstsein letztes Wort in dieser Sache, und er könne sich lediglich darauf 
berufen. Auf die Versicherung, daß auf die Ankunft des Grafen Bismarck in 
Ems auch für den nächsten Tag bestimmt nicht zu rechnen sei, erklärte Graf 
Benedetti, sich seinerseits bei dieser Erklärung Sr. Maj. des Königs beruhigen 
zu wollen.“ 6„ 
14. Juli. (Nordd. Bund). Die preußischen Blätter bringen über die 
15. 
Vorgänge folgendes officiöse Telegramm aus Ems 14. Juli: 
„Nachdem die Nachricht von der Entsagung des Prinzen von Hohenzollern 
der französischen Regierung amtlich mitgetheilt worden, stellte der französische 
Botschafter in Ems an den König Wilhelm die Forderung, ihn zu ermäch- 
tigen, daß er nach Paris telegraphire: der König verpflichte sich für alle Zu- 
kunft niemals wieder zuzustimmen, wenn die Hohenzollern auf diese Candi- 
datur zurückkämen. Der König lehnte jedoch ab, den französischen Botschafter 
nochmals zu empfangen, und ließ demselben durch den Adjutanten vom 
Dienst sagen: Se. Majestät habe dem Botschafter nichts weiter mitzutheilen.“ 
Das auswärtige Amt des nordd. Bundes theilt dieses Telegramm 
als Nachricht über die Natur der französischen Forderungen und 
über den festen Entschluß des Königs, auf dieselben nicht einzugehen, 
genau mit den Worten, wie es auch in den Zeitungen steht, den 
deutschen Regierungen und den Vertretern des norddeutschen Bundes 
an einigen außerdeutschen Höfen zur Information mit. 
„ Die französische Regierung erklärt Preußen virtuell den Krieg, 
indem sie 
sowohl im Senat als im gesetzgebenden Körper ankündigt, daß Frankreich 
in seinem Botschafter durch die Weigerung des Königs von Preußen, ihn zu 
empfangen, „beschimpft" und durch eine „Note“ der preußischen Negierung 
(die Mittheilung des Telegramms vom 14. d.) „beleidigt“ worden sei und daß 
es „den Krieg, den man ihm biete, aufnehme" und daß bereits am vorher- 
gehenden Tage (14. Juli) die Reserven einberufen worden seien, und zugleich 
die Aushebung einer neuen Altersklasse, die Einberufung der mobilen National- 
garde und einen außerordentlichen Credit von 50 Mill. für das Kriegs= und von 
16 Mill. für das Marineministerium verlangt, welche Forderungen vom 
gesetzgeb. Körper gegen nur wenige Stimmen sofort bewilligt werden (siehe 
Frankreich). 
Der König von Preußen kehrt von Ems nach Verlin zurück, 
wobei er auf dem ganzen Wege begeistert begrüßt wird. Auf dem 
Wege erhält er die Nachricht von den Vorgängen dieses Tages in 
6“
	        
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