Preußen und der norddeutsche Pund. 89
immer auf ihre Fahne schreibt und denen Napoleon III., wie wir glaubten,
glücklich widerstanden hatte. Als bewegende Ursachen dieser bedauerlichen Er-
scheinung können wir leider nur die schlechtesten Instinkte des Hasses und der
Eifersucht auf die Selbständigkeit und Wohlfahrt Deutschlands erkennen, neben
dem Bestreben, die Freiheit im eigenen Lande durch Verwicklung desselben in
auswärtige Kriege niederzuhalten. Schmerzlich ist es, zu denken, daß durch
einen so riesenhaften Kampf, wie ihn die nationale Erbitterung und die Größe
und Macht der beiden Länder in Aussicht stellt, die friedliche Entwicklung der
Civilisation und des nationalen Wohlstandes, die in steigender Blüthe begriffen
war, auf viele Jahre gehemmt und zurückgedrängt wird. Aber wir mühssen
vor Gott und Menschen die Verantwortung dafür Denen überlassen, welche
durch ihr frevelhaftes Beginnen uns zwingen, um der nationalen Ehre und der
Freiheit Deutschlands willen den Kampf aufzunehmen; und bei einer so ge-
rechten Sache dürfen wir vertrauensvoll auf den Beistand Gottes hoffen, wie
wir schon jetzt des Beistandes der gesammten deutschen Nation durch die sich
immer steigernden Zeichen der freudigen Opferwilligkeit sicher sind, und auch
die Zuversicht hegen dürfen, daß Frankreich für einen so muthwillig und so
rechtlos heraufbeschworenen Krieg keinen Bundesgenossen finden werde.“
18. Juli. (Nordd. Bund). Eine Bundesverordnung verkündet, haupt-
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sächlich auf das Betreiben des Bundeskanzlers, von Scite Deutsch-
lands den Grundsatz der Achtung des Privateigenthums auf der See
nicht mit dem Vorbehalte der Reciprocität, sondern rein und ohne
irgend einen Vorbehalt. Frankreich folgt dem Beispiel seinerseits nicht.
„ (Nordd. Bund). Graf Bismarck zeigt der luxemburgischen
Regierung telegraphisch an, der norddeutsche Bund werde die Neu-
tralität des Landes achten, so lange sie auch Frankreich achte.
„ (Luxemburg). Kammer: Auf die von der Regierung ge-
machte Mittheilung, daß Frankreich und Prcußen die Neutralität
des Landes achten würden, nimmt die Kammer folgende Tagesord-
nung an:
Die Kammer, welche sich als Organ des Landes betrachtet, begrüßt mit
Freuden die von den Großmächten gegebene Versicherung, die Neutralität des
Landes achten zu wollen, und wird auch keine Verletzuug derselben dulden;
sie findet in den abgegebenen Erklärungen der Regierung die Bestätigung des
Vertrages, welcher die Unabhängigkeit des Vaterlandes, an welchem alle Lu-
remburger aufrichtig hängen, wahrt.
„ (Nordd. Bund). Zusammentritt des Reichstages. Thronrede
des Königs von Preußen:
„Als ich Sie bei Ihrem letzten Zusammentreten an dieser Stelle im Na-
men der verbündeten Regierungen willkommen hieß, durfte ich es mit freudi-
gem Danke bezeugen, daß meinem aufrichtigen Streben, den Wünschen der
Völker und den Bedürfnissen der Civilisation durch Verhütung jeder Störung
des Friedens zu entsprechen, der Erfolg unter Gottes Beistand nicht gefehlt
habe. Wenn nichtsdestoweniger Kriegsdrohung und Kriegsgefahr den verbün—
deten Regierungen die Pflicht auferlegt haben, Sie zu einer außerordentlichen
Session zu berufen, so wird in Ihnen wie uns die Ueberzeugung lebendig sein,
daß der norddeutsche Bund die deutsche Volkskraft nicht zur Gefährdung, son-
dern zu einer starken Stütze des allgemeinen Friedens auszubilden bemüht
war, und daß, wenn wir gegenwärtig diese Volkskrast zum Schutze unserer
Unabhängigkeit anrufen, wir nur dem Gebote der Ehre und der Pflicht ge-
horchen. Die spanische Throncandidatur eines deutschen Prinzen, deren Auf-
stellung und Beseitigung die verbündeten Regierungen gleich fern standen, und