Preußen und der norddeutsche Pund. 91
nischen Nation und vor der Freiheit der Entschlüsse der Prinzen des fürstlich
hohenzollernschen Hauses, hat niemals daran gedacht, den Erbprinzen auf den
spanischen Thron erheben zu wollen. Die an Se. Moaj. gestellten Forderungen
von Zusagen für die Zukunft waren unberechtigt und anmaßend. Ihm einen
Hintergedanken oder eine feindliche Absicht gegen Frankreich dabei zuzuschreiben,
ist eine willkürliche Erfindung. Die angebliche Notification an die Cabinette hat
niemals stattgefunden, ebenso wenig wie eine Weigerung, mit dem Botschafter
des Kaisers der Franzosen zu verhandeln. Im Gegentheil hat der Botschafter
amtliche Verhandlungen mit der königlichen Regierung niemals versucht, son-
dern nur mit Sr. Maj. dem König persönlich und privatim im Bade Ems
die Frage besprochen. Die deutsche Nation, innerhalb und außerhalb des nord-
deutschen Bundes, hat erkannt, daß die Forderungen der französischen Regie-
rung auf eine Demüthigung gerichtet waren, welche die Nation nicht erträgt,
und daß der Krieg, welcher niemals in den Absichten Preußens liegen konnte,
uns von Frankreich aufgezwungen wird. Die gesammte civilisirte Welt wird
erkennen, daß die Gründe, welche Frankreich anführt, nicht existiren, sondern
erfundene Vorwände sind. Der norddeutsche Bund und die mit ihm verbün-
deten Regierungen von Süddeutschland protestiren gegen den nicht provocirten
Ueberfall des deutschen Bundes und werden denselben mit allen Mitteln, die
ihnen Gott verliehen hat, abwehren."“
20. Juli. (Nordd. Bund). Reichstag: Präsident Simson verliest die
dem Hause vorgeschlagene Adresse an den König. Das Haus, die
Tribüne und die Hofloge hören stehend zu. Dieselbe wird einstim-
mig angenommen:
„Die erhabenen Worte Ew. Majestät finden im deutschen Volke mächtigen
Wiederhall. Ein Gedanke belebt alle deutschen Herzen. Mit freudigem Stolz
erfüllt die Nation der Ernst und die Würde, womit Ew. Majestät die uner-
hörte Zumuthung zurückgewiesen hat. Das deutsche Volk will in Frieden und
Freundschaft mit den Völkern leben, die seine Unabhängigkeit achten. Wie zur
Zeit der Befreiungskriege, so zwingt uns jetzt ein Napoleon zum heil. Kampfe.
Wie damals werden auch jetzt die auf Schlechtigkeit und Untreue gestellten Be-
rechnungen an der sittlichen Kraft des deutschen Volkes zu Schanden werden.
Das durch Ehrsucht irregeleitete französische Volk wird die böse Saat erkennen,
dem besonnenen Theil des französischen Volkes ist die Vermeidung des Ver-
brechens nicht gelungen, und es steht ein schwerer gewaltiger Kampf bevor.
Wir vertrauen auf die Tapferkeit der bewaffneten Brüder, die nicht dulden
werden, daß ein fremder Eroberer dem deutschen Mann den Nacken beuge.
Wir haben Vertrauen zu dem greisen Heldenkönig, der berufen ist, den Kampf
seiner Jünglingszeit am Abend seines Lebens zu beendigen. Die civilisirte
Welt erkennt die Gerechtigkeit unserer Sache an. Die befreundeten Nationen
sehen in unserem Siege die Befreiung von bonapartistischer Herrschsucht und
die Sühne des auch an ihnen verübten Unrechts. Das deutsche Volk wird auf
der Wahlstatt den Boden der Einigung finden. Es gilt die Freiheit, die Ruhe
Europa's und die Wohlfahrt der Völker.“
Der von der Regierung geforderte Kriegscredit wird in erster
und zweiter Lesung ohne Debatte einstimmig genehmigt.
Der König nimmt die Adresse entgegen mit der Antwort: er er-
blicke in derselben ein Pfand für das Gelingen der Aufgaben, die
vor ihm, vor uns liegen; die Adresse gebe ihm die Zuversicht, daß
die Aufgaben gelöst würden, welche die Nation mit unermüdlicher
Ausdauer zu verfolgen nimmer ablassen werde.
„ Die süddeutschen Fürsten lassen telegraphisch in Berlin erklären,